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von maxd » 2017-10-29 11:05:27
Ich hab hier dann am Ende doch mehr Afrika-Feeling bekommen, als mir lieb war:
Das Wochenende naht und damit auch der Umkehrpunkt meiner Reise. Quer zur Straße ein paar hundert Meter an einem Sendemasten vorbei in die Landschaft gefahren um hinter einer Kuppe auf fast 2000 m üNN zu stehen (fn). Schöner Sonnenuntergang. Der strahlend helle Halbmond versteckt die Sterne etwas. Dafür wirft das auto scharfe Schatten auf die Steppe.
Hundegekläffe - vermutlich vom Schäfer unten an der Straße. Es ist unglaublich, wie Dicht besiedelt dieses Land ist. Zahlenmässig leben hier zwar nur etwa ein Drittel der Menschen pro Quadratkilometer, wie in Deutschland oder Belgien. Aber Das Land ist voller. Jedes Stückchen Land wird irgendwie Landwirtschaftlich genutzt und jede landwirtschaftliche Nutzung bedeutet hier die Präsenz von Menschen. Vor allem natürlich Schäfer. Was für ein öder Job! Oder was für eine tolle Möglichkeit zur inneren Einkehr. Jedenfalls war es in Spanien deutlich einfacher, mal einfach alleine zu sein, als hier. Wo grad kein Schäfer ist kommt irgend wer auf dem Weg von Nirgendwo nach Irgendwo immer vorbei. Aber ich hinter meiner Kuppe hab wohl ein Örtchen gefunden, wo grad keiner vorbei kommt - obwohl ich in drei Richtungen Siedlungen sehe.
Die Fenster auf, zwei Decken und dann den Luftzug um die Nase geniessen. Peim Parken war es 21°, jetzt wird es schnell kälter. Am Morgen wird das Thermometer 3° zeigen.
Gegen 4:30 weckt mich Rascheln. Schritte. Inzwischen ist der Mond verschwunden und durchs Dachfenster sehen die Sterne atemberaubend aus. Viele Schritte und keine Menschen. Durch’s Fenster ist nichts zu sehen. Dann ein dermaßen tiefes Knurren dass ich sofort an den Hund von Baskerville oder so denke. Das Vieh muss mindestens so groß wie ein Kalb sein.
Ein paar duzend Kilometer vorher hatte ich einen Hund neben der Strasse gesehen. Groß, struppig, grau, wild. „Der ist nachts bestimmt ganz schön gruselig“ dachte ich mir. Jetzt ist er scheinbar mit seinen Kumpels hier vorbeigekommen. Ich bin schon ganz froh in einer fahrenden Festung zu sein mit Fenstern 3 Meter über dem Boden. Fühlt sich besser an. Dabei denke ich darüber nach, was ist, wenn die jetzt nicht abziehen. Ich käme durch den Durchstieg nicht ins Fahrerhaus. Zwar liegt der Schlüssel für die Fahrerhausseite des Durchstiegs bereit, aber die Rückenlehne im Fahrerhaus ist im Weg. Und selbst von der Fahrerhausseite kriegt man die nur mit äusserstem Kraftaufwand abgenommen. So viel zu guter Vorbereitung.
Die Viecher ziehen langsam ab und ich schnappe mir die Taschenlampe und leuchte ihnen hinterher - das mögen die nicht; dein duzend Paare grüne Leuchtaugen starren mich an und verziehen sich dann unter Gekläffe über eine Kuppe.
Studium der Reiseführer. Ich Ich bin auf der sehr gut ausgebauten N8 von Fez Richtung Süden gefahren. Die war gut ausgebaut und man kam gut Voran. Das kann ja nicht sein, so bin ich westlich zur R503 gewechselt durch Boulemane und jetzt weiter nach Süden nach Zeida. Laut Führer (Kohlbach & Därr) hab ich damit all die Highlights der Region (Ifrane, Azrou, Zedern) verpasst. Mag sein, aber ich finde die Landschaft an der R503 auch sehr beeindruckend. Erinnert mich an Nevada. Gut voran kommt man auch.
Die Landschaft ist natürlich besonders hübsch bei Sonnenauf- und -untergang. Und da ich eh schon wach bin Sattel ich mein Pferd gen Süden und reite in die Nacht. Auf der Straße ist praktisch kein Verkehr und so ignoriere ich die Warnungen, auf kenen Fall nachts zu fahren. Insgesammt zwei Autos kommen mir im Dunkeln entgegen,. Dann beginnt es zu dämmern. Die Landschaft ist in Rottönen gebadet. Rechts die Bergkette an den spitzen vom der links aufgehenden Sonne in rotes Licht gebadet.
Erst nach Sonnenaufgang gibt es ernsthaften Gegenverkehr. Zuerst ein paar Minuten lang immer wieder grosse neue Landcruiser oder hochgeleghte GMC Vans mit sehr orientalisch aussehenden Herren. Obstplantagen.
Es soll wohl heute der Cirque de Jaffrar werden. So ganz bin ich aus dem Kartenmaterial (RKV & Openstreetmap. Für Google & Apple ist das Internet zu schlecht) schlau. Tipps aus dem Forum helfen aber am Ende ist Hinfahren und schauen das Mittel der Wahl.
# Cirque de Jaffar
Also auf die N13 Richtung Midelt und hinter Zeida nach dem berühmten Campingplatz Timnay rechts ab. Die Straße soll nach Tamaloute gehen, aber den ORt finde ich auf meiner Karte gar nicht. Laut OSM ist das die P7310. Ich biege bald südlich ab (P7323) dann geht es durch allerlei Ortschaften (OSM meint Ait Oumghar, Ait Sidi Amar, Ait Ouiden auf der P7314 - die P7314 scheint auch direkt von der N13 abzuzweigen).
Bevor ich nach Ait Ben Ichou komme sehe ich rechts eine lange Mauer. Die war doch in irgend einem Reisebericht erwähnt. Himmelstichtiung stimmt auch, also biege ich an der Mauerecke in eine Piste nach SSW.
Igendwann nehme ich einen Abzweig weiter westlich, weil die Piste auf einige Dörfer zuzuführen scheint. Es geht durch ein trockenes Flussbett, vorsichtg reinklettern und rausklettern. Ich nutze die Gelegenheit, den Reifendruck auf 3 bar abzusenken. Ein Brunnen. Ganz ohne Abdeckung.
OSM kennt die Piste, die ich fahre nicht und die Richtung gefällt mir auch nicht mehr so ganz, also zurück zur letzten Gabelung und der Piste, die vermeindlich auf die Dörfer zuführt weiter.
Die Piste ist gut, es gibt ein bisschen Gegenverkehr. An der Gabelung links (SSW) von den Häusern weg.
Atemberaubende Blicke in die Schlucht (Oued Jaffar). Ab hier gibt es laut OSM wieder eine “Weisse Straße” die Richtung SSO auf die P7318 gehen soll. Die ist aber nicht mal zu erahnen. Ich folge dem Track in die Schlucht. Sind dass Akazien oder Steineichen? Jedenfalls sind sie erstaunlich kratzig. Am Boden der Schlucht angekommen stromaufwärts. Das ist hier offensichtlich regelmäßig befahren. Da wo die Schlucht enger wird ein Schäfer mit seiner Ziegenherde.
Die Ziegen reagieren recht panisch auf mein über Steine hoppelndes Mobil. Das macht in der engen Schlucht auch echt übel Radau. Ich halte erstmal an. Zum Schäfer. Interessant, dass der zum Gruß nach dem Hände schütteln nicht die Hand auf’s Herz legt, wie hier sonst üblich. Stattdessen küsst er zwei Finger.
Ich spreche munter Deutsch mit ihm und zeige auf das Auto und die Schlucht. Er sagt kein Wort macht mir aber mit wenigen Gesten klar dass das nicht passt. Wegen der Grossen steine würde der Wagen so wackeln dass er anstösst. Naja.
Ich mache erstmal ein zweites Frühstück. Auf dem weg zum Auto sehe ich drei Leute die Schlucht herunter steigen. Hier wird einem echt nicht langweilig.
Was tun sprach Zeus? Ich trau mir das schon zu durch die Schlucht zu fahren. Aber trau ich das den Ziegen zu? Wenn eine sich in Panik ein Bein bricht oder so? Und erst zu fragen, dann von den Einheimischen die Antwort zu kriegen “passt nicht” und dann an ihnen vorbei trotzdem vorbei zu fahren … hmm. Fühlt sich schon ein bisschen nach kolonialem Gehabe an. Ich denke an ein Plakat der Band “The Residents” das mein Mitbewohner mal in die WG-Küche gehängt hatte. “The ignorance of your culture is not considered cool”.
Derweil grüßt der erste der drei Wanderer durch die Tür. Irgendwas mit “Aleman”. Ich steck den Kopf raus. Ja, die sehen so aus wie ich. Touris. Mit Führer durch die Schlucht. Nach ein paar Worten marschieren sie weiter.
Ich beschliesse das ganze erstmal zu erwandern und zu schauen, ob die Ziegen durch sind.
Spannende Geologie. Das ist doch Verkarstung! Da muss es doch auch Höhlen geben. Ob die Schlucht eine eingestürzte Höhle ist? Ehr nicht. Aber komische “Dome” rechts und links in den Wänden. Wie kommt sowas zustande? Und was ist das eigentlich fürn Gestein? Komische Geräusche. Hinter der Nächten Biegung ein Esel. Eine Biegung weiter zwei junge Männer, die Mit Spitzhacken Treibholz zu Feuerholz verarbeiten. Und noch ein Esel. “Die haben nichtmal eine vernünftige Axt” denke ich mir. Ob mein Beilchen denen weiterhilft. Ehr nicht. Vielleicht wäre eine Kiste mit Schanzzeug hier das angebrachte Gastgeschenk? Ich denke darüber nach, ob ich irgendwelches Werkzeug dabei habe, was die beiden besser brauchen können, als ich. Nee, ist alles zu klein, was ich mitschleppe.
In einem Reiseführer hies es, die bitterarben Beduinen würden sich über warme Kleidung freuen. In einem anderen es würden Kleider als Geschenk erwartet. Mit Geschenken *erwarten* hab ich ein Problem. Ich glaube ja, dass wir uns hier in unserer westlichen welt eh zu viel Gerümpel zuschieben. Ich kriege sogar mehr Wein und schnaps geschenkt, als ich trinken kann. Und im grossen und ganzen kann man einenen Großteil dessen, was man so geschenkt bekommt doch nicht so recht brauchen. ZB der tolle Pamir Bildband. Hab mich zwar achteckig gefreut, als ich den bekommen hab, aber einmal durchgeblättert und jetzt verstaubt er.
Andererseits: andere Länder, andere Sitten. Wenn ich deren Stammesland “benutze” kann ich mich auch an deren Gebräche halten. Nochandererseits: “Schenke eine Angel, keinen Fisch”. Ich denke recht viel über das Thema nach.
Ein anderer Reiseführer berichtet dass grade in schwierigen Passage die Kinder einen Riesen Aufstand ums Auto machen, weil sie Süssigkeiten wollen. Es wird sogar davon berichtet, dass durchs offene Fenster nach innen gegriffen wird, um die Tür auf zu machen. Klingt ungemütlich.
Ein Stück weiter in einem breiteren Teil des Canyons eine andere Ziegenherde. Meingott ist dieses Land voll. Ich wandere zurück und in mir reift der Entschluss, nicht durch die Schlucht zu fahren. Wie hies es hier im Forum mal so schön: “Ich begnüge mich mit dem Wissen, dass ich könnte.”
Beim Sinnieren auf dem Weg zum Auto tatsächlich noch eine nette, kleine Höhle in der Canyonwand entdeckt. Reingestiegen. Ist zwar nur vielleicht 10 m aber hübsch verwinkelt. Ich wusste doch, dass es hier Höhlen gibt!
Zurück aus der Schlucht. Kraaaaatz. Oben am Rand steht ein junger Mann mit Moped. Ich halte und frage ob man durch das nächste Tal fahren könne. Es lassen sich Reifenspuren in die Richtung erahnen. Das war die “Straße” aus OSM. Wer spricht sogar ein bisschen englisch. Nee, geht gar nicht. Ob ich Wasser habe. Klar!
Oh, wie sind denn hier die sozialen Normen ums Wasser? Ich hole zwei leere 0,3er Flaschen aus dem Führerhaus, spüle die Pepsiflasche kurz durch - ist das jetzt schlimm, wenn ich Wasser auf den Boden kippe? - und fülle Sie. Ich glaube er hält mich für ein Alien mit dem Wasserhahn aussen am Auto. Er nimmt die Pepsiflasche und will die andere gar nicht mehr haben. Sichtlich verdattert verabschiedet er sich.
Etwa ein km von der Schlucht auf der Piste zurück übersehe ich beinahe eine Abzweigung nach links. Durch ein trockenes Flußbett geht es in östliche Richtung.
Irgendwann kommen “die Dörfer”, von denen ich irgendwo - ich glaube im Pistenkuh-Führer, den ich zuhause vergessen habe - gelesen hab. Irgendwas war da uncool. Obstplantagen. Die sehen nett aus.
Die Athmosphäre ist seltsam und die Routenführung unübersichtlich. Eine Schule - gut an dem bunten Anstrich zu erkennen. Ein tief hängendes Kabel. Passt so eben.
Dann eine Bewässerungsrinne. Vielleicht 30 vm breit. Eine kleine Betonplatte bildet eine Brücke. Vielleicht 2.2 m breit. Ich halte, die Leute kommen zusammen. Gerüstbohle drüber gelegt, mit dem linken Rad über die Bohle gefahren, mit dem rechten über den Beton - auch der hat gehalten. Aussteigen, Bohle einsammeln. Ein kleiner Junge kommt angeflitzt hebt die Bohle auf und reicht sie mir. Seinen Augen sieht man ann, dass er jetzt eine Belohnung erwartet. Aber ich hab gar nichts, was sich eignet. Und ich will hier auch gar nicht stehenbleiben.
Aber was kann ich hier im Land lassen, wovon die Leute hier profitieren? Sie haben nichts, was ich von ihnen kaufen wollte. Ich will sie auch nicht besuchen, bei ihnen essen, ihre Reiseführerdienste. Und von Almosen halte ich nichts.
Beklommen fahre ich weiter durchs Dorf. Kanäle, Leitungen, zugeparkte Gassen. Das Freundliche einander Zuwinken hat plötzlich was beklommenes. Es fühlt sich an, als wäre ich den Leuten hier etwas schuldig geblieben.
Ausserhalb an einem Bewässerungskanal will mir ein Mopedfahrer als Einweiser helfen. Er spricht sogar englisch. Ich lasse ihn vorbei. “You are faster than me”. Er schaut komisch, lässt sein Moped an und fährt ein Stück vor.
Auf dem nächsten Kilometer merke ich. Er fährt eigentlich Laufrad mit dem Moped. Sprit sparen.
Die Piste geht hinter den Dörfern nach NW. Irgendwann trifft sie auf die geteerte P7323 und ich biege links ab. Es geht grob Richtung Süden. Irgendwann Wald. Ich hatte was von Abgeholztem Zedernwald gelesen. Oh! Das sind Steineichen dazwischen die Skelette mächtiger Zedern. Die Stämme waren wohl zu groß, so wurden nur die Äste geerntet. Eine Schande! Aber wenn die Alternative erfrieren ist …
Voraus Schneebedeckte Berge. Dass ist dann wohl de Hohe Atlas. Eine Art T-Kreuzung. Links knickt eine Piste gen Westen ab. Da fahre ich rein, ist bei OSM als “weisse Straße” gekennzeichnet. Nach 100 m frage ich mich, ob ich grad entgegen aller guter Ratschläge in den berüchtigten “Cirque de Jaffar” fahre.
Ich hatte da, wo es Internet gab screenshots von den Forenbeiträgen zur Strecke gemacht. Ich Schlaubi-Schlumpf! Hmm. Andy hat die Schlucht, die ich nur erwandert habe - beschrieben. Von da käme man zum Cirque de Jaffrar und von dort eine 19 km Piste durch lichte Zedernwälder zurück zur Straße. Auf der bin ich jetzt wohl in Gegenrichtung. Sehr schön.
Ich finde die Piste aber recht anspruchsvoll. Schon in der ersten Haarnadelkurve ist die Verbauung weggebrochen und dass kurveninnere Hinterrad hat eine Schrecksekunde klang genau so viel laterale Bewegung wie Vortrieb.
Steineichen, wie ich es aus den Pyrenäen zu genüge kenne - aber dazwischen ein paar überlebende Zedern. Beeindruckende Bäume. Aber die Landschaft riecht scheinbar nicht. Oder der im Flussbett aus dem randvollen linken Tank geschwappte Diesel riecht zu stark.
Ein paar Kehren weiter ist ein Haus ca 200m von der Piste weg zu sehen. Ich sehe schon vom weiten, wie in Windeseile zur Piste gelaufen wird. Eine Frau und ein Teenager-Mädchen machen aufgeregte Bewegungen ich sollte anhalten. Zerren an ihren Kleidern. Offensichtlich “erwarten sie Kleiderspenden”. Ich schaue freundlich, winke und fahre weiter. Wow, können die schnell laufen!
Während ich noch an dem Erlebnis knacke, das nächste Haus. Eine Frau flitzt zur Piste, kreischt und winkt. Gas, nur weg. Derweil darauf achten, dass ich deren halb auf der Straße liegenden Wasserschlauch nicht kaputt fahre.
Mir geht so viel durch den Kopf, aber das Fahren lenkt ab. Hier möchte ich jetzt nicht liegenbleiben. Gegenverkehr, zum Glück nur ein Moped. Man sieht deutlich, dass hier kürzlich was mit XZL Reifen und 2.5 m Spurbreite durchgekommen ist. Ich find das alles ein bisschen eng und kratzig. Und was erwartet mich im Cirque? Unkonzentriert, das rechte Vorderrad kollidiert mit einem Felsen, macht ein fieses Geräusch - wohl ein Profilblock weniger. Bamms scheppert die Felge rechts gegen einen Felsen während ich im Spiegel das linke Rad schon auf dem Abhang sehe. Ein halbes duzend mal hab ich schon die Spiegel wieder einklappen müssen, nachdem äste ihn Weggeklappt haben. Aber ohne Spielgel will ich auch nicht fahren, ich will doch sehen, wo meine Räder so lang fahren.
Padauz! Spiegel wieder eingeklappt? Oh nein! Rechter Spiegel weg. Als ich das Fenster öffne fällt ein dicker Ast ins Auto. Ich Sammel die Trümmer ein. Ausser dem Bordsteinspiegel krieg ich alles wieder repariert.
6h Lenkzeit, ich bin durch. Hier übernachten will ich nicht, ich fühle mich nicht gut hier. Also, ich werde es nicht zum Cirque de Jaffar schaffen. Das geht natürlich mit meines Selbstbild als Alpha-Softie nicht so gut einher. Da fahren doch Hinz & Kunz lang. Und die Piste hier scheint mir jetzt auch nicht sonderlich verfallen. “Mit einem Aufsitzmäher wäre das nicht passiert” höre ich es schon rufen und so.
Aber seine Grenzen kennen ist ja total erwachsen. Grenzwertiges Wendemanöver. An den Häusern noch schlimmere Szenen, als auf dem Hinweg. Dann wieder Asphalt. Die P7318 weiter in einem Bogen nach Westen.
OSM ist da wieder sehr weit weg von der Realität, ich folge der Breiten geteerten Route, die aber plötzlich versperrt ist mit Schranke. Auf der Strecke schon immer wieder Jungs am Strassenrand, die mr frenetisch zeigen, ich sollte Anhalten und an ihren Kleidern zerren. (Bei Ait Ouchen)
Irgendwas von “Stop, Steinbruch” steht da. Aus dem Wachhäusschen (?) kommt ein junger Mann. Nee da ging es nicht weiter. Er zeigt auf meine Sonnenbrille. Die solle ich mal geben. Öh. Moment? Warum? Damit er die Haben kann. Und ich? Dann zerrt er wieder an seinem Shirt. Er will Kleider. Ich will weiter fahren. Er will mich nicht so recht wenden lassen. Unglaublich. Also ab von der Teerstrasse. Vor der Schule zwei Jungs mit Fahrrad, die versuchen mich zum anhalten zu bringen. Ich hab immer tierisch Schiss, Fahrradfahrer zu verletzen. Die beiden fahren rechts und links neben mir her.
Von der Strasse auf Piste. Sie schlängelt sich durch Dörfer (Ali Ben Izguen). Ich muss über Bewässerungskanäle. Das passt alles nicht. Meine Bohle ist zu kurz und bricht beim drüber fahren am Rand ab. Bautz macht das Fahrwerk. Leute kommen von allen Seiten gerannt. Beim Einsammeln der Bohle hau ich mir eine ganze Reihe fieser Splitter in die Finger. Sackgassen, verschwindene Pisten, Eine Brücke ohne Zufahrsrampe und immer wieder leite, die dringend wollen, dass ich anhalte.
Die Piste wird etwas besser (P7318) und kommt irgendwann nach Tounfit. Da siehts aus wie in 1000 und einer Nacht. Die Strasse ist voll mit allem was fährt und läuft. Marktstände, der Geruch von Holzfeuer und Gebratenem. Kinder, Greise, Sammeltaxis. Ein riesen Gewusel. Anstrengend aber auch nett. Ich fühl mich nicht mehr so verfolgt, wie in den Dörfern. Stadtluft macht frei! Ein paar Jungs rufen “Bonjour Mister” und winken - ohne an ihren Kleidern zu zerren.
Auf dem Weg über die R503 zurück zur N13 noch ein paar versuche mich dringend anzuhalten. Scheinbar ist Schulschluss. Die Mädels lachen, die Jungs machen Stop-Gesten.
Die R503 wird grade groß ausgebaut. Auch die Bauarbeiter versuchen mich anzuhalten - um dann Zigaretten zu verlangen.
Als ich endlich aus Sichtweite von allem bin und fast zurück auf der Hauptstrasse ein paar hundert Meter in die Landschaft gefahren und erstmal Stopp. Das letzte Eis am Stiel. Ich bin fix und fertig.
Welcome to Afrika!