Mercur: Reparatur eines gebrochenen Fahrgestells
Verfasst: 2014-08-26 16:51:19
Liebes und ehrenwertes Forum!
An dieser Stelle möchte ich von der nunmehr umfangreichsten Reparatur unseres Mercur berichten. Nur meine Liebe zu diesem Fahrzeug, gepaart mit der Überzeugung, daß der Mercur mit seiner robusten Technik DAS einzig geeignete Fahrzeug für meinen Einsatzzweck ist, motivierten mich zu dieser Mega-Reparatur.
Alle bisherigen Reparaturen (Motor, Getriebe und nun Fahrgestell) sind das Resultat fehlerhafter Wartungen und Montagen hiesiger, namibischer „Fach“-Werkstätten. Letztendlich bezahle ich mit Nerven, Zeit und vor allem hohen Summen, weil ich aus fachlicher Unkenntnis der Materie nicht in der Lage bin (war), diese Werkstätten zu kontrollieren bzw. die Arbeiten persönlich durchzuführen. Ich hoffe, daß mein Lernprozeß in Sachen Technik nun so weit fortgeschritten ist, daß in Zukunft die Fahrfreude meine Sorgen um die Instandhaltung unseres MAGS übertrifft.
Hier nun meine Fahrgestellgeschichte:
Während meiner letzten Safari durch Angola bemerkte ich, wie der „definierte“ Spalt zwischen Fahrerhaus und Passagierkabine größer als sonst war. Auch registrierte ich, daß sich auf unebenen Pisten der hintere Teil des Fahrzeugs irgendwie „weicher“ verwindet. Der Spalt wurde zum Dach hin teilweise so groß, daß ich es mit der Angst zu tun bekam. Was war hier los? Alle Halterungen zur Passagierkabine waren in Ordnung. Die Federn der Hinterachse wurden erst vor 5000 km durch Neuanfertigungen ersetzt, …jedoch lagen die Überlastfedern links und rechts gleichzeitig nur auf den jeweils hinteren Auflagen auf. Die vorderen Auflagen waren noch um Daumenbreite frei. Die gesamte Hinterachse hatte sich in dem Sinne verdreht, daß die hinteren Federhälften höher belastet waren. Ich stand vor einem Rätsel. Erst nach einer langen und intensiven Absuche des gesamten Unterbodens und des Fahrgestells ließ mich das Resultat erschaudern:
Das Fahrgestell war auf beiden Seiten in Höhe der hinteren Federhalterungen der Hinterachse gerissen!
Im englischen Fachjargon der Safaribetreiber nennt man das einen „fatal breakdown“! Unser MAGS war sehr krank und konnte diese Safari auf keinen Fall zu Ende führen! Ich ließ mir einen Ersatzwagen aus Windhuk kommen und hoffte, daß MAGS die Fahrt nach Hause, im Leerzustand und ausschließlich über Teerstraße, überstehen würde. Dazu zog ich alle Federn des hinteren Aufbaus fest an, um der abknickenden Belastung des Fahrgestellrahmens hinter der Achse etwas entgegenzuwirken. Das war, so glaube ich, eine sehr effektive Maßnahme, denn zu Hause hatte sich der Riß, zumindest im sichtbaren Bereich, nicht weiter vergrößert.
Ich beriet mich mit meinem hier in Windhuk einzigen kompetenten „Fachmann für Metallfragen“, wie unser MAGS wohl am effektivsten und dauerhaft repariert werden könnte. Zusammen kamen wir zum Ergebnis, daß eine Reparatur durch schweißen des Risses nicht sicher sei. Hingegen wäre es am effektivsten, wenn das Fahrgestell komplett ab der vor 10 Jahren eingesetzten Verlängerung erneuert würde. Der originale Magirus-Deutz-Fahrgestellrahmen verjüngt sich zudem über der Hinterachse. An diesen beiden definierten Schwächungen des Rahmens sind auch die Risse entstanden. Durch eine Neuanfertigung ohne diese Verjüngung würden diese Schwachstellen eliminiert. Die Bezeichnung des Fahrgestellmaterials für unseren Magirus-Deutz fand ich sehr leicht …in unserem Forum heraus! Vielen Dank, „Ingenieur“, für Deine damalige kompetente Aussage! Bei der Bestellung des Materials in Südafrika wußte man dann auch gleich Bescheid: „Aha, Fahrzeugstahl!“ Wir waren darüber beruhigt.
Der Reparaturverlauf war klar, jedoch unterschätzten wir den Aufwand und die Arbeitszeiten! Zunächst wurde die Kabine abgehoben. Dann wurde das Fahrgestell komplett demontiert. Erst jetzt, nach den Demontagen der Federhalterungen, erkannten wir die Risse auf beiden Seiten des Fahrgestells! Unter den Federhalterungen zeigte sich, daß die Risse sich von Bohrung zu Bohrung bildeten. Hätten sie die unteren Bohrungen erreicht, wäre das Fahrgestell kollabiert!!! Auch die seinerzeit für die Fahrgestellverlängerung eingesetzten Verstärkungen lösten wir aus dem Rahmen. Man sieht, wie der originale Fahrgestellrahmen mit originalen Bohrungen aus der Fahrzeugherstellung regelrecht durchlöchert ist. Durch diese besondere Perspektive kann man sehr deutlich die Stärke der Verbiegung des Fahrgestells erkennen. Radikal wurde der Rahmen durchtrennt, …ein komisches Gefühl, so an meinem Fahrzeugliebling „herumzudoktern“. Die neuen Fahrgestellteile waren bereits angefertigt und wurden sogleich mit Punktschweißung ausgerichtet und angepaßt. Probeweise paßten wir die alten Innenverstärkungen wieder an. Jedoch hätten wir dann den Rest der Innenverstärkung nach hinten paßgenau anschweißen müssen. Dies wollten wir aus Gründen des Arbeitsaufwandes aber vor allem der Stabilität vermeiden! So beschlossen wir, eine neue Innenverstärkung auf der gesamten Länge bis zum Ende des Rahmens zu montieren. Hier ist dies schon geschehen. Die Anbaukomponenten werden bereits montiert. Der neue Rahmenteil weist kaum Bohrungen auf! Zusammen mit der gleichbleibenden Stärke bedeutet dies einen erheblichen Stabilitätsgewinn! Die hinteren Festlager der Passagierkabine waren für meine Begriffe seinerzeit zu schwach ausgelegt. Sie wurden bei dieser Gelegenheit größer und stabiler neu angefertigt und in den neuen Rahmen eingepaßt. So ganz nebenbei wurden die „ausgenudelten“ Bohrungen der Federhaltungen aufgeschweißt und wieder auf Norm gebohrt. Unsere „Ingenieure“ bei den umfangreichen Montagearbeiten der Fahrgestellkomponenten. Ein Ende der Reparaturarbeiten war nun abzusehen! …so dachte ich! Bei der Montage der Achse vermaß ich den Winkel des Antriebsflansches! Der war weit außerhalb des zulässigen Wertes. Wir hatten nicht bedacht, daß durch den nun breiteren Rahmen die hintere Federhalterung zwangsweise niedriger montiert wurde. Um meine „Spacer“ zwischen Feder und Achskörper zu ersparen, legten wir die vordere Federhalterung um eine Bohrung mit Hilfe eines angeschweißten Winkeleisens entsprechend tiefer. Auf Bild 12 könnt Ihr die noch falsche Montage der Federhalterung erkennen. Auf diesem Bild (13) ist die Federhaltung korrekt montiert. Es wurden lange Tage, …wie gesagt, Arbeitszeiten und Aufwand wurden völlig unterschätzt. Für die schönen Sonnenuntergänge über dem Industriegebiet im Süden Windhuks gab es keine Beachtung! Endlich sind die Reparatur- und Modifizierungsarbeiten am Fahrgestell beendet! Nun wollen wir Belastungs- und Verschränkungstests durchführen! Das sieht gut aus! Die Bedenken, daß das Fahrgestell eventuell zu steif sein könnte, bestätigten sich nicht. Eine schwarze Lackierung verbessert das einheitliche Erscheinungsbild des „neuen“ Fahrgestells! Nach der Montage der Passagierkabine bestätigten sich alle Arbeiten spontan in einer gleichmäßigen Ausrichtung zum Fahrgestell. Auf diesem Bild noch eine Detailaufnahme der „Tieferlegung“ der vorderen Federhalterung des Hinterrades. Das Winkeleisen ist im Material dicker als das des Rahmens. So ganz nebenbei, …und zwar bei mir auf der Privatwerkbank (!), restaurierte ich noch die Anhängerkupplung. Zukünftig soll mühelos angekuppelt werden können! Das Ergebnis kann sich, …nicht nur optisch, durchaus sehen lassen! Nicht ohne etwas Stolz schaue ich nun auf das Heck unseres MAGS!
Ich hoffe, daß ich zukünftig nicht noch einmal einen so langen Reparaturbericht ins Forum setzen muß! Vielmehr möchte ich Euch viel lieber in der Reisesparte unseres Forums berichten!
Herzliche Grüße aus dem Frühling im Etoscha Nationalpark in Namibia,
Olli
An dieser Stelle möchte ich von der nunmehr umfangreichsten Reparatur unseres Mercur berichten. Nur meine Liebe zu diesem Fahrzeug, gepaart mit der Überzeugung, daß der Mercur mit seiner robusten Technik DAS einzig geeignete Fahrzeug für meinen Einsatzzweck ist, motivierten mich zu dieser Mega-Reparatur.
Alle bisherigen Reparaturen (Motor, Getriebe und nun Fahrgestell) sind das Resultat fehlerhafter Wartungen und Montagen hiesiger, namibischer „Fach“-Werkstätten. Letztendlich bezahle ich mit Nerven, Zeit und vor allem hohen Summen, weil ich aus fachlicher Unkenntnis der Materie nicht in der Lage bin (war), diese Werkstätten zu kontrollieren bzw. die Arbeiten persönlich durchzuführen. Ich hoffe, daß mein Lernprozeß in Sachen Technik nun so weit fortgeschritten ist, daß in Zukunft die Fahrfreude meine Sorgen um die Instandhaltung unseres MAGS übertrifft.
Hier nun meine Fahrgestellgeschichte:
Während meiner letzten Safari durch Angola bemerkte ich, wie der „definierte“ Spalt zwischen Fahrerhaus und Passagierkabine größer als sonst war. Auch registrierte ich, daß sich auf unebenen Pisten der hintere Teil des Fahrzeugs irgendwie „weicher“ verwindet. Der Spalt wurde zum Dach hin teilweise so groß, daß ich es mit der Angst zu tun bekam. Was war hier los? Alle Halterungen zur Passagierkabine waren in Ordnung. Die Federn der Hinterachse wurden erst vor 5000 km durch Neuanfertigungen ersetzt, …jedoch lagen die Überlastfedern links und rechts gleichzeitig nur auf den jeweils hinteren Auflagen auf. Die vorderen Auflagen waren noch um Daumenbreite frei. Die gesamte Hinterachse hatte sich in dem Sinne verdreht, daß die hinteren Federhälften höher belastet waren. Ich stand vor einem Rätsel. Erst nach einer langen und intensiven Absuche des gesamten Unterbodens und des Fahrgestells ließ mich das Resultat erschaudern:
Das Fahrgestell war auf beiden Seiten in Höhe der hinteren Federhalterungen der Hinterachse gerissen!
Im englischen Fachjargon der Safaribetreiber nennt man das einen „fatal breakdown“! Unser MAGS war sehr krank und konnte diese Safari auf keinen Fall zu Ende führen! Ich ließ mir einen Ersatzwagen aus Windhuk kommen und hoffte, daß MAGS die Fahrt nach Hause, im Leerzustand und ausschließlich über Teerstraße, überstehen würde. Dazu zog ich alle Federn des hinteren Aufbaus fest an, um der abknickenden Belastung des Fahrgestellrahmens hinter der Achse etwas entgegenzuwirken. Das war, so glaube ich, eine sehr effektive Maßnahme, denn zu Hause hatte sich der Riß, zumindest im sichtbaren Bereich, nicht weiter vergrößert.
Ich beriet mich mit meinem hier in Windhuk einzigen kompetenten „Fachmann für Metallfragen“, wie unser MAGS wohl am effektivsten und dauerhaft repariert werden könnte. Zusammen kamen wir zum Ergebnis, daß eine Reparatur durch schweißen des Risses nicht sicher sei. Hingegen wäre es am effektivsten, wenn das Fahrgestell komplett ab der vor 10 Jahren eingesetzten Verlängerung erneuert würde. Der originale Magirus-Deutz-Fahrgestellrahmen verjüngt sich zudem über der Hinterachse. An diesen beiden definierten Schwächungen des Rahmens sind auch die Risse entstanden. Durch eine Neuanfertigung ohne diese Verjüngung würden diese Schwachstellen eliminiert. Die Bezeichnung des Fahrgestellmaterials für unseren Magirus-Deutz fand ich sehr leicht …in unserem Forum heraus! Vielen Dank, „Ingenieur“, für Deine damalige kompetente Aussage! Bei der Bestellung des Materials in Südafrika wußte man dann auch gleich Bescheid: „Aha, Fahrzeugstahl!“ Wir waren darüber beruhigt.
Der Reparaturverlauf war klar, jedoch unterschätzten wir den Aufwand und die Arbeitszeiten! Zunächst wurde die Kabine abgehoben. Dann wurde das Fahrgestell komplett demontiert. Erst jetzt, nach den Demontagen der Federhalterungen, erkannten wir die Risse auf beiden Seiten des Fahrgestells! Unter den Federhalterungen zeigte sich, daß die Risse sich von Bohrung zu Bohrung bildeten. Hätten sie die unteren Bohrungen erreicht, wäre das Fahrgestell kollabiert!!! Auch die seinerzeit für die Fahrgestellverlängerung eingesetzten Verstärkungen lösten wir aus dem Rahmen. Man sieht, wie der originale Fahrgestellrahmen mit originalen Bohrungen aus der Fahrzeugherstellung regelrecht durchlöchert ist. Durch diese besondere Perspektive kann man sehr deutlich die Stärke der Verbiegung des Fahrgestells erkennen. Radikal wurde der Rahmen durchtrennt, …ein komisches Gefühl, so an meinem Fahrzeugliebling „herumzudoktern“. Die neuen Fahrgestellteile waren bereits angefertigt und wurden sogleich mit Punktschweißung ausgerichtet und angepaßt. Probeweise paßten wir die alten Innenverstärkungen wieder an. Jedoch hätten wir dann den Rest der Innenverstärkung nach hinten paßgenau anschweißen müssen. Dies wollten wir aus Gründen des Arbeitsaufwandes aber vor allem der Stabilität vermeiden! So beschlossen wir, eine neue Innenverstärkung auf der gesamten Länge bis zum Ende des Rahmens zu montieren. Hier ist dies schon geschehen. Die Anbaukomponenten werden bereits montiert. Der neue Rahmenteil weist kaum Bohrungen auf! Zusammen mit der gleichbleibenden Stärke bedeutet dies einen erheblichen Stabilitätsgewinn! Die hinteren Festlager der Passagierkabine waren für meine Begriffe seinerzeit zu schwach ausgelegt. Sie wurden bei dieser Gelegenheit größer und stabiler neu angefertigt und in den neuen Rahmen eingepaßt. So ganz nebenbei wurden die „ausgenudelten“ Bohrungen der Federhaltungen aufgeschweißt und wieder auf Norm gebohrt. Unsere „Ingenieure“ bei den umfangreichen Montagearbeiten der Fahrgestellkomponenten. Ein Ende der Reparaturarbeiten war nun abzusehen! …so dachte ich! Bei der Montage der Achse vermaß ich den Winkel des Antriebsflansches! Der war weit außerhalb des zulässigen Wertes. Wir hatten nicht bedacht, daß durch den nun breiteren Rahmen die hintere Federhalterung zwangsweise niedriger montiert wurde. Um meine „Spacer“ zwischen Feder und Achskörper zu ersparen, legten wir die vordere Federhalterung um eine Bohrung mit Hilfe eines angeschweißten Winkeleisens entsprechend tiefer. Auf Bild 12 könnt Ihr die noch falsche Montage der Federhalterung erkennen. Auf diesem Bild (13) ist die Federhaltung korrekt montiert. Es wurden lange Tage, …wie gesagt, Arbeitszeiten und Aufwand wurden völlig unterschätzt. Für die schönen Sonnenuntergänge über dem Industriegebiet im Süden Windhuks gab es keine Beachtung! Endlich sind die Reparatur- und Modifizierungsarbeiten am Fahrgestell beendet! Nun wollen wir Belastungs- und Verschränkungstests durchführen! Das sieht gut aus! Die Bedenken, daß das Fahrgestell eventuell zu steif sein könnte, bestätigten sich nicht. Eine schwarze Lackierung verbessert das einheitliche Erscheinungsbild des „neuen“ Fahrgestells! Nach der Montage der Passagierkabine bestätigten sich alle Arbeiten spontan in einer gleichmäßigen Ausrichtung zum Fahrgestell. Auf diesem Bild noch eine Detailaufnahme der „Tieferlegung“ der vorderen Federhalterung des Hinterrades. Das Winkeleisen ist im Material dicker als das des Rahmens. So ganz nebenbei, …und zwar bei mir auf der Privatwerkbank (!), restaurierte ich noch die Anhängerkupplung. Zukünftig soll mühelos angekuppelt werden können! Das Ergebnis kann sich, …nicht nur optisch, durchaus sehen lassen! Nicht ohne etwas Stolz schaue ich nun auf das Heck unseres MAGS!
Ich hoffe, daß ich zukünftig nicht noch einmal einen so langen Reparaturbericht ins Forum setzen muß! Vielmehr möchte ich Euch viel lieber in der Reisesparte unseres Forums berichten!
Herzliche Grüße aus dem Frühling im Etoscha Nationalpark in Namibia,
Olli