Hallo Ihr,
ja, ja, bin ja schon da...
Da habt ihr aber schön gerechnet! Aber ich glaube es fehlt noch an einigen Grundsätzen, bevor die Zahlen etwas nützen:
Zuerst: Die Angaben der Getriebe sind doch sicher alles das
Nenndrehmoment. Also 5.000-10.0000 Stunden dieses Drehmoment (Traditionell 1500UPM an der Eingangswelle) bei Nenndrehzahl, und das Getriebe ist hin.
Daher ist das leichte "360"er Getriebe in einem leichten 7,5t Auto immer noch problemlos, auch wenn der Motor 450Nm bringt. Im Durchschnitt fährt man den Motor bei dem Auto nämlich gar nicht auf vollem Drehmoment, sondern irgendwo bei 60%. Das selbe gilt für Achsen und VTG.
Schafft man sich bei diesem Drehmoment (Aus dem MAN 360Nm) Sicherheiten zum real gefahrenen Moment (450Nm * 0,6 = 270Nm), so erhöht man die theoretische Lebenserwartung des Fahrzeuges. In der Praxis ist diese aber irrelevant, das Leben unserer LKW wird nicht vom Verschleiß des Getriebes bestimmt, sondern von dem Zeitpunkt, an dem kein Öl mehr gefördert wird...
Es gibt aber auch ein
Funktionsmoment. Das ist das maximale Drehmoment, bevor etwas zerreißt. D.h. dieses Moment darf nicht einmal kurzzeitig überschritten werden.
Dieses Moment bekommt man selten vom Hersteller genannt, aber bei normalen LKW-Bauteilen würde ich es etwa 5-10mal höher als das Nennmoment ansetzen. Bei Gelenkwellen wird dieses Moment durchaus mal mit angegeben. D.h. um bei einem 36er Getriebe das Gehäuse zu sprengen muss man schon mit 3000Nm daran Hebeln. Je gewichtsoptimierter Baugruppen sind, desto geringer der Abstand zwischen Nenn- und Funktionsmoment.
Ein Verteilergetriebe ist extra mit einem eher kleinen Nennmoment und einem hohen Funktionsmoment konstruiert: Es muss das um den Faktor 10 höhere Motordrehmoment im 1.Gang vertragen, aber die meisten Kilometer werden ja doch 1:1 im 5.Gang gefahren. Deswegen sind die Dinger auch so groß und schwer für ein 2-Gang-Getriebe. Ist das VTG sperrbar gilt für alles, was mit dem Abtrieb und dem Ausgleich zu tun hat noch ein ganz anderes Funktionsmoment: Das von Diffsperren.
Bei den Achsen spielt das Motordrehmoment beim Nennmoment evetuell noch eine Rolle. Hat man jedoch Differentialsperren kann man den Motor komplett vernachlässigen. Hier gilt: Maximales Moment in der Achse = Maximal auf dem Boden übertragbare Kraft. Achsen werden auch grundsätzlich nach Traglast und nicht nach Nennmoment eingestuft.
Also Moment am Rad = 0,8 (Haftreibung Asphalt) mal Hebel 620mm (für 14.00R20) mal Radlast (25kN bei 5t Achlast) = 12400Nm am Rad * 2 (Worst Case wenn Diff-Sperre vorhanden) = 25kNm mal Untersetzung Diff i = 6.5 (Achse 170d15) = 3800Nm am Differentialeingang bzw. am Ausgang vom VTG. (Und das ist sehr wenig, bei anderen Autos können an der Stelle noch ganz andere Dinge passieren...)
Soweit nur die statische Betrachtung.
Dynamisch passieren ganz andere Hausnummern, die bei einer Betrachtung des Funktionsmoment nicht fehlen dürfen. Das meißte davon hat zu viele Parameter oder Dimensionen, um wirklich berechenbar zu sein, udn so kommt man nur mit Erfahrungswerten weiter. Ein paar Beispiele:
- Wenn Räder durchdrehen und dabei das Auto zu springen beginnt, gelten plötzlich viel höhere Radlasten und viel größere Drehmomente, da die Schwungmasse des Antriebsstranges bei dynamisch höheren Radlasten abgebremst werden. Das kann schnell mal ein Vielfaches des Nennmoments im kleinesten Gang bedeuten, und dann wird es eng mit dem Funktionsmoment und es brechen Antriebswellen.
- Ein Elektromotor hat ein konstates Drehmoment, ein Verbrennungsmotor nicht! 450Nm bei 1500UPM bedeutet, dass der LKW-Motor das selbe wie ein Elektromotor bei 1500UPM und 450Nm leistet. Über den Verlauf des Moments an der Welle sagt das aber leider nur so viel aus: "Im Duchschnitt sind es 450Nm"! Beim Verbrenner zieht nicht ein Magnet gleichmäßig an der Welle, sondern die Explosionen im Zylinder "boxen" stückweise die Welle weiter. Wenn der Hersteller also 450Nm bei einen Sechszylinder angibt, so schwankt das Drehmoment sechs mal in der Sekunde in etwa zwischen 540 und 375Nm (1,2 ist eine gängige "Stoßzahl" für einen 6-Zylinder)
Fazit: Der 450Nm Motor belastet das Getriebe an sich schon kurzzeitig mit 540Nm. Lässt man die Kupplung "schnalzen" bekommt man hier noch einmal ein Vielfaches des Drehmoments zusammen.
- Kardanwellen können bei starken Knickwinkel auch solche "Stöße" in den Antrieb bringen.
Daher muss man auch diese Dinge mit in seine Getriebebetrachtung aufnehmen:
- Wie erfahren bin ich als Fahrer (Bei betrachtung der Reserve in der Achse)
- Wie Ruhig läuft mein Motor. Deutz baut z.B. das selbe VTG hinter einen V6 und einen V8. Der V8 hat zwar mehr Drehmoment, dafür läuft er aber ruhiger. Am Ende nimmt sich das fürs Funktionsmoment kaum etwas...
- Ähnliches gilt für Drehmomentwandler: Diese erzeugen bis zu dem doppelten Motordrehmoment, dafür sind sie dabei aber sauber wie ein Elektromotor - also fürs Funktionsmoment kaum ein Problem.
Und vieles Mehr...
Ergebis Zusammengefasst:
- MAN versteht durchaus etwas vom LKW-Bau, auch wenn sie ein 36er Getriebe hinter einen Motor mit 450Nm schrauben. Nimmt man von den 450Nm nur die 60% die man im Mittel fährt passt das gut. Das Funktionsmoment wird sicher oberhalb von 2000Nm liegen und daher auch bei Kupplungsmissbarauch hinter dem Motor kein Problem sein.
- Ein 850er Getriebe hinter dem kleinen Motor ist totaler Overkill und eine Menge totes Gewicht. Bei einem 7,5t würde ich vor so ein 850er Getriebe auch einen 1500Nm V8 hängen: wie viele Sekunden kann man bei einem leichten LKW denn mit dem Drehmoment fahren? Bei 90 ist es Schluss... Eventuell noch nen Temperaturfühler dran, wenn man dann mal wirklich Stundenlang unter vollem Feuer durch den Weichsand wühlt. Schaut euch mal sportliche PKW an was für "Getriebchen" da oft mit 400Nm gekitzelt werden: Die Getriebchen würden bei Dauerlast überhitzen, haben nur einen Bruchteil der Lebenserwartung eines LKW Getriebes und für harten Einsatz genügt wahrscheinlich auch das Funktionsmoment nicht. Aber die Karren laufen auch 250.000km und mehr...
- Es gibt keinen globalen Zusammenhang zwischen Funktionsmoment (Zerreißen) und Nennmoment (5.000-10.000 Stunden Lebenserwartung): Schaltgetriebe und VTG haben oft das selbe Nennmoment, das Funktionsmoment liegt beim VTG aber um den Faktor 8-15 höher. Eventuell äussert sich ZF zum Funktionsmoment, eventuell ist das aber ein "Betriebsgeheimnis" und man muss auf allgemeine Erfahrungen zurück greifen.
- Das Funktionsmoment muss dynamisch (Also "black Magic") betrachtet werden. Hier kommt man nur mit Erfahrung weiter. Z.B. 4-6 Zylinder: Stoßzahl 1,2 , 8-12Zylinder: Stoßzahl 1.
MlG,
Felix