Es war deutlich kühler als in Spanien. Wir fuhren dann weiter auf eine Gandini-Piste durch den Foret de Cedres südlich von Azrou. Eine wunderschöne, durchaus mit dem LKW machbare Piste, wenig befahren! Die Waypoints waren perfekt. Nach dem zweiten Teil der Piste fanden wir den Einstieg in den dritten nicht. Wir umfuhren den Einstieg auf Asphalt und dachten uns: dann fahren wir sie eben rückwärts. Gandini warnte vor einer "Inschallah-Strasse" zwischen Ait Oufella und Khenifra, von dieser Strasse aus sollte es losgehen. Aber was wir bisher an Piste kennen, wurde weit in den Schatten gestellt von dieser 100km langen angeblichen Asphalt-Strasse. Kilometerweit ging es im absoluten Schneckentempo, die Strasse ins 500m tieferliegende Bachbett gespült, die Abbrüche bis auf 2,30m herangerückt an die Lehmwände der aufsteigenden Seite und: PKW-Gegenverkehr mit dem Mut der Verzweifelung. Die Gegend ist bewohnt... Jedenfalls kamen wir dem Einstiegspunkt auf 200m nahe, aber an einer senkrechten Wand kann keine Piste weggehen... irgendwas hat da nicht gepaßt, wir konnten und wollten aber nicht mehr zurück.
Im Moyen Atlas trafen wir Unmengen von Herden, etwas anstrengend für unseren Hund, rücksichtsvolle bis scheue Hirten, nur einen einzige andere Geländewagenfamilie mit drei kleinen Kindern getroffen. Hach, und wilde Affenherden und absolut beeindruckende Zedern mit BHD 8m - eine wunderschöne Gegend.
Dann fuhren wir weiter Richtung Gourrama, ins Nomadenland, um Thomas zu besuchen. Der hat seit 9 Jahren in Marokko eine Olivenfarm, Ziegenherden und mehrere Nomadenfamilien, die bei ihm arbeiten und die er unterstützt. Ich kannte ihn schon vom letzten Marokko-Besuch. Seine Farm ist sehenswert und die Gegend dort wird niemals von Touristen besucht. Kein Wunder bei den Strassen

Thomas nahm uns mit in ein Nachbardorf, das von Salzgewinnung im Gebirge lebt, wir besuchten die Salzquelle und später den Souk, auf dem das Salz verkauft wurde.
Es war inzwischen deutlich heißer geworden, nachts sank das Thermometer nicht mehr unter 35°C, Durchfall bei Klaus war dann die Folge, später war ich auch mal fällig, bei mir kam es wahrscheinlich durch das zu heiße Wasser in der Trinkflasche (später dann auch die Flaschen im Fahrerhaus immer mit nassen Tüchern umwickelt).
Thomas führte uns über seine Farm, ein Erlebnis, weil er alle Pflanzen genau kennt. Wir durften seine Bienen, Ziegen, Esel sehen, der Honig ist wundervoll, und wir lernten seine Nomaden kennen, wurden von ihnen eingeladen und standen die ganze Zeit an einem Fluß nicht weit von seiner Farm entfernt, der das erste Mal seit 8 Jahren Wasser hatte. Morgens war es noch schön kühl und Heiner und ich hatten uns einen "Whirlpool" ausgeguckt, ab Mittags war es unerträglich heiß. Sowieso - die Hitze. Man überlegte sich in der Mittagszeit jeden Schritt. Es war gleichzeitig sehr windig, unser Sonnensegel riß. Klaus konnte endlich seine Solardusche auspacken.
Am ersten Tag waren noch Holländer da, Inneke, falls sie jemand kennt von der Rollstuhlaktion. Thomas hat einen sehr guten Ruf bei den umliegenden Dörfern und er hilft, wo er kann. Wir trafen einen Jugendlichen mit schweren Zahnschmerzen, ich guckte in seinen Mund: zwei schwer kariöse Zähne. Tja. Der Kerle bekam von Thomas vor einem Jahr Zahnbürste und Creme, er hat, wie viele andere, die Zahncreme zur Häuserverschönerung benutzt... jetzt war das halbe Dorf zusammengelaufen, um zu hören, das ich auch in Thomas Horn blies: Zähne putzen - die billigen Süssigkeiten essen macht Zahnweh... nein, kein Aspirin dafür. Das hilft nicht, auch wenns schwerfällt. Nur den Rat, sofort die 20 dh aufzutreiben fürs Taxi und Zahnarzt. Thomas hat da eine klare Linie, die wir sehr einleuchtend fanden. Eine Wochen Zahnweh helfen wohl mehr als 2 Tabletten Aspirin, da wird das Problem nur verlängert. Und die 10 dh fürs Taxi und die 10dh für den Zahnarzt kann jede Familie aufbringen.
Wir gingen mit Thomas und Inneke in Gourrama essen, da bekam Heiner seinen "Marokko-Schock". In Gourrama war Souk, Heiner ging es nicht so gut und wollte nichts essen, blieb im Auto. Die Kinder vom Souk waren mehr als interessiert, als sie mitbekamen, daß unser Hund im Auto blieb und bellte, wenn man dagegen klopfte. Tja, Heiner versuchte sie, zu verscheuchen, das forderte doch nur noch mehr heraus, dann ließ er im Innenraum unseren Hund frei, weil sie versuchten hereinzuklettern durchs offene Fenster. Naja, mütterliche Fernsteuerung, nach 10 min guckte ich nach ihm. 40 Kinder ums Auto herum. Schnurstracks umgedreht und Thomas geholt. Der verscheuchte sie, woraufhin sie sich zum Restaurant verlagerten. Der Restaurantbesitzer stellte flugs zwei Tagelöhner ein, die sich mit Steinen bewaffneten... joah und trafen. Ich bin dann nochmal zurück zum Auto, dort trieben sich noch die zwei Anführer herum. Geschwind den einen am Ohr gepackt, verdreht, so geht das in Marokko... dann war Ruhe, Frieden, Coexistenz und alle zufrieden. Die Bande hatte Thomas vor einer Weile sein Ultraleichtflugzeug fast komplett auseinandergenommen aus Neugier und Langeweile. Er hat dem Rädelsführer "den Arsch versohlt" unter Beifall der umstehenden Erwachsenen. Naja... Wir erfuhren sehr viel über "Kindererziehung" in Marokko. Kindern wird nichts erklärt. Jungs langweilen sich tödlich in den Ferien. Regelmäßig tauchen sie nach stundenlangen Fußmärschen auf seiner Farm auf, aus Langeweile. Er gibt ihnen zu tun, zu denken und zu lernen. Aber Gourrama ist zu weit weg von seiner Farm. Wir sprachen mit einigen Kindern, die schon gut Deutsch konnten... was wird wohl aus ihnen werden???
Thomas zeigte uns den Zickzackdorn, dessen Früchte gerade reif wurden und die man essen kann, lecker. Die Nomadenkinder sammeln die Früchte, wir auch...
Wir fuhren zu einem Riff in der Nähe, leider erfolglos, die schweren Regenfälle hatten grosse tiefe Spalten in den Boden gefräst. Wir kamen einfach nicht heran.
Der Süden rief! Beim Thomas noch gutes Brunnenwasser aufgetankt. Der Plan war, Richtung Tan-Tan über diverse unbekanntere Pisten zu fahren. Aber es wurde unerträglich heiß, tagelang heißer Wüstenwind wie im Umluftbackofen, Windstärke 5! Wir tranken eimerweise Spezialmischung von den gebunkerten Zitronen aus Spanien, Salz, Zucker, als Luxus 1l eiskaltes Wasser aus dem Kühlschrank zu den drei Litern Tankwasser dazugemischt.
Bei 48° im Schatten drehten wir um. Es ging einfach nicht. Der Hund fraß fast nichts mehr, selbst Klaus schwitzte und wechselte von dicken Schuhen zu den leichteren Wüstenschuhen. Heiner und ich bevorzugten das Nomadenprinzip der Isolierung durch Stoff, das ja immer wieder erstaunlich hervorragend hilft. Also bloss zurück ins Gebirge - und auf roten Strassen, weissen Strassen, Pisten Richtung Aoreora an den Plage Blanche. Dort dann plötzlich: Seenebel, Dunst, Nieselregen! Was für eine Erholung, welche Wonne. 3m hohe Wellen. Als wir ankamen, Fischer, die uns ihren Fang verkauften, Lagerfeuer - gemütlich bei der Kälte. Der Blick aufs Thermometer verrieten 25°. Wir saßen dort in Fleecehosen und -Jacken. Kaum Müll am Strand, einmal zwei spanische Geländewagenraser. Ruhepause. Eigentlich wollte ich Angeln, aber bei der Brandung aussichtslos. Die Wellen brachen in sechs Reihen. Als sich alle wieder erholt hatten, ging es zurück gen Deutschland, 10 Tage lang, gemütlich.
Unser Sohn sammelte zwei grosse gelbe Kisten voll mit Fundstücken: Mineralien (die noch bestimmt werden wollen), Fossilien, Hölzer, (habt Ihr schon mal Zedernholz verbrannt???) Muscheln, Samen, Blättern, Knochen - ein Affenschädel, den Kamelkopf konnte ich so grad noch verhindern - er stank noch a bissle -
Thema bettelnde Kinder: nur ganz wenig, ich lache sie immer an und rede mit ihnen, bettle zurück: donnez-moi un crayon, donnez-moi un bicyclette - solange, bis sie lachen und wir uns unterhalten können - wenn sie denn mehr als die Bettelwörter können.
Typisch:
Bei einer Übernachtungsstelle, die offensichtlich sehr wenig bisher von Touristen belagert wurde: abends sehr schüchterne Frauen, die ihre Esel heimtreiben (die wir gar nicht gesehen hatten, weit weg in den Bergen, aber sie "mussten" bei uns vorbei). Kurz vor dem Dunkelwerden kamen drei Kinder und drei Hunde über eine Bergkuppe gerannt, setzten sich in 100m Entfernung hin, solange bis sie unseren Hund hörten und sahen - Flucht. Am nächsten Morgen schon mutiger, der Hund im Auto, sie sitzen 10m entfernt. Wenn man sie anguckt, gucken sie weg, oder laufen weg. Gespräche. Sie diskutieren etwas. Das grosse Mädchen traut sich: die wohlbekannte "Finger-in-den-Hals-ich-hab-Durst-"Geste. Ich verneine freundlichst. Sie diskutieren, schicken eine Abordnung heim zum Wasserholen. Ich lese. Die Abordnung kommt eine Stunde später zurück mit zwei Wasserflaschen, ziemlich trüben Wassers... Irgendwann traut sich das Mädchen, in mein Buch zu gucken. Sie kann gar kein Französisch... aber wir lachen uns an, ich zeige ihr die Buchstaben. Als wir packen, winken sie. Es fällt mir schwer, ihr nichts zu schenken, aber wir halten uns an die Linie, die wir nochmal mit Thomas diskutiert haben. Nichts geben. Punkt. Interesse zeigen, Anteilnahme. Geben dafür gezielt - z. B. bei Thomas - darüber in einem anderen Threat, heute nicht mehr.
Essen gehen: für 20-30dh Fleisch beim Metzger kaufen, dann zum Griller. Dort ein paar Dirham fürs Grillen, Salz und Brot zahlen.
Tajine: dort wo viele LKWs stehen in die Tajine-Töpfe gucken. Handeln!!! Fragen, was für ein Fleisch drin ist! wir zahlten zwischen 30 und 80dh (dann mit Salat und Flaschenwasser) für drei Personen. Tajine essen ohne Besteck geht so: mit der rechten Hand das Fladenbrot in passende Stücke reissen, öffnen, und als Griff für das leckere Tajine benutzen. Es gibt auch Zeitgenossen, die nehmen ihre Gabel in der Hemdentasche mit.

Achtung, dies ist der unauthorisierte Kurzbericht, Klaus schreibt bestimmt auch nochwas. Und das ist dann wahrscheinlich mehr technischer Natur
