Ich versuche es noch einmal. Hab irgendwann schon mal einen langen Beitrag dazu geschrieben... Ein Versuch noch
Es ist inzwischen mehrfach wissenschaftlich bewiesen, daß aversive Trainingstechniken die Aggressivität von Hunden auslöst und extrem stark fördert, weiter verstärkend wirken Kastration, Unterbeschäftigung, mangelnde Sozialisation, ängstliche + unsozialisierte Elternteile. Die letzte deutsche wissenschaftliche Studie dazu kam 2005 von der Tierärztlichen Universität Hannover. Zu aversiven Trainingstechniken gehören Leinenruck (das tut richtig übel weh, Nackenverspannungen, Augeninnendruck steigt, Wirbelverletzungen, Kehlkopf u. Schilddrüsenverletzungen...), Stachelhalsband, Kopfhalfter, Zughalsband, Anschreien, Schlagen, Treten, Wurfgeschosse schmeissen, Schnauzengriff, Alpha-Wurf, Isolation, Sprayhalsband, Teletact etcpp. Dezidiert wurde bei dieser Studie herausgearbeitet, daß es eindeutig einen ursächlichen Zusammenhang gibt zwischen den genannten Erziehungs
methoden und nachfolgender Aggression gegenüber Menschen.
Solange die Anforderungen an das Verhalten von Hunden einerseits gesellschaftlich immer strenger und "unhundlicher" werden und auf der anderen Seite die (nur kurzfristig wirksamen) eingesetzten Mittel immer drastischer, sensationeller aufbereitet werden im Fernsehen zum Beispiel, und gewünschtes Verhalten mit Hilfe von antiquierten Konzepten durchgesetzt wird, solange wird es von der ansonsten durch die Evolution perfekt an den Menschen angepasste Art Hund Reaktionen wie in dem verlinkten Artikel (Staffordhunde attackieren Mädchen in England) geben. Diese Reaktionen sind alleine durch die Behandlung der Hunde durch die Menschen erfolgt und keinesfalls in einer Rasse liegend.
Europäische Hundeerziehung ist verwurzelt in der 3.Reich-Hundeerziehung, wo man erstmals Hunde als Bombenleger und Boten benutzt hat. Davor waren Hunde durchgängig Nutztiere, die ihre Aufgaben hauptsächlich von anderen Hunden gelernt haben - kaum vorstellbar heute, gell. Die Evolution brachte die Hunde eng an die Menschen, deswegen hat das so gut funktioniert bis dahin. Die Art der militärischen Hundeerziehung ist die Wurzel der Schutzhunde-Erziehung heute und gipfelt jetzt in Auswüchsen wie Cesar Millan und Konsorten und ist heute noch auf jedem zweiten Hundeplatz zu finden. Der dort geforderte Kadavergehorsam ist überhaupt nicht auf sämtliche Individuen der Art Hund übertragbar, geschweige denn lerntheoretisch überhaupt leistbar. Das damalige Militär hatte eine restriktive Auswahl der Hunde getroffen, der Rest ist getötet worden. Nur wer blöd genug war als Hund, kam in den Militärdienst...
Die allermeisten vom Zoll und der Polizei geführten Hunde
heute werden allerdings schon lange nicht mehr nach diesen Methoden unterrichtet... weil auch dort schon der Fortschritt eingezogen ist in Form von Lerntheorien, positiver Verstärkung und Markertraining. Ihr könnt davon ausgehen, daß alle Tiere in Filmproduktionen komplett ohne aversive Mittel zur Kooperation erzogen werden. In guten Zoos werden die Tiere mit Markertraining für tierärztliche Behandlungen vorbereitet - das klappt einfach besser als mit Druck und aversiven Mitteln.
Der Begriff Hundetrainer ist nicht geschützt, man kann in einem Wochenende ein "Hundetrainerseminar" machen und sich so nennen.
Man kann aber auch drei Jahre studieren.
Sämtliche Diskussionen um Hunde arten hier, aber auch in anderen Foren und in Facebook ganz oft in Schlammschlachten aus, weil Hunde eines der wenigen Symbole in der heutigen Gesellschaft sind (außer Fußball, LKW

), wo starke Emotionen öffentlich ausgelebt werden können und selbst starke Männer heulen dürfen, wenn der Hund stirbt oder verletzt ist.
Kämpfen für den Hund und seine eigene Vorstellung von Hundeerziehung ist Symbol geworden für den Kampf um den Kontakt mit der Natur, dem eigenen Vieh, Besitzstand - was weiss denn ich.
Wesentlich hilfreicher wäre es allerdings, an den Fakten zu bleiben.
Da gibt es die:
Fraktion 1: Wir haben schon seit 30 Jahren Hunde gehabt, wir wissen, wie das geht. Und wenn ein Hund nicht funktioniert, dann folgen wir Konzept "mehr desselben", das haben wir schon immer so gemacht ---------> jaaaa, geht vielleicht mit 30% der Hunde (denkt an das Militär im Dritten Reich), nur heute haben sich
a) die Hunde verändert, weil durch die Geiz-ist-Geil-Mentalität extrem viele Hunde aus den Vermehrerzuchten kommen: nicht sozialisiert, traumatisiert, ängstlich, von wesensschwachen Eltern, die durch den Stress kaum Schilddrüsenhormone hatten, die Welpen haben dann keine Abwehrkräfte, haben also ebenso SDU ... was weitreichende, komplizierte Verhaltensprobleme nach sich zieht --- auch Zuchthunde sind davor nicht gefeit, man beachte die Showzucht und die absurden Zuchtvorstellungen, wie z. B. die Hüften eines Schäferhundes auszusehen haben, wenn er ein Rassetier ist -> Schmerzen züchterisch vorprogrammiert
b) Hunde können einfach nicht mehr so leben wie vor 30 Jahre (frei im Dorf, gute Ernährung, viele Sozialkontakte, wesensfeste Eltern, Aufzucht in guter Umgebung... und das hat starke Konsequenzen für ihr Verhalten. Hunde sind keine Maschinen, die immer 100%ig funktionieren. By the way, welche Maschine tut das schon
c) Konzept mehrdesselben: geht immer schief.
Fraktion 2) Cesar Millan/Grewe/Rütter/Fichtlmeier etcpp. hat es doch auch so gemacht, dann muss es mit meinem Hund doch auch funktionieren ---------> jaaaaa, im Fernsehen - es ist unglaublich, was da abgeht. Der schnelle Erfolg zählt, was hinter der Kamera mit den Hunden angestellt wird, erfährt man natürlich nicht oder nur, wenn mal wieder ein heimlich gedrehtes Video auftaucht und einer der Ikonen vom Sockel stürzt - bis zum nächsten Mal. In Erstgesprächen öffne ich routinemäßig immer eine frische Sprudelflasche, um zu gucken, ob mit dem Hund mit Sprayhalsband gearbeitet wurde - meine Kunden würde auf die Frage immer mit NEIN antworten. Der Hund sagt was anderes... Die Nebenwirkungen von diesen Methoden sind eklatant! Die Körpersprache von Hunden wird einfach nicht gesehen, den Hundebesitzern wird das nicht beigebracht. Ressourcenverteidigung wird in Kauf genommen. Hunden werden die Warnsignale abtraininert. DAnn wundert man sich über den "plötzlichen Beißvorfall".
Fraktion 3) Wir lesen ein Buch/Internetforum, gehen zur Welpenschule, haben doch alles richtig gemacht und landen, wenn der Hund drei Jahre ist und geschlechtsreif wird, bei selbständigen Hundetrainerinnen wie mir. Jaaaaaa ----------> "Welpenschule" auf dem klassischen Hundeplatz -------> danke, geht da nur alle hin, dann werden mir die Kunden nie ausgehen... mehr mag ich dazu jetzt nicht schreiben.
Fraktion 4) ich kauf mir nen Kampfhund und mache den richtig scharf. ----> ja geht. Funktioniert, diese Hunde lassen sich echt alles gefallen und mit den Konzepten der positiven Strafe und negativer Verstärkung kriegt man sie gebrochen... und sie lernen, daß die Menschen sämtliche ihrer Warnzeichen ignorieren und sie lernen,immer schneller zu werden in ihren Reaktionen. Aus Angst vor Schmerzen, vor richtiger Qual werden sie richtig schnell, schneller als Menschen je denken können. Dafür wurden diese Hunde mal gezüchtet, schnell zu sein...
So, bis hierher durchgehalten? Noch Fragen? Mich wundert in diesen Hundediskussionen nichts mehr, aber vielleicht hilft dieser Beitrag, ein wenig die Hintergründe zu verstehen.
Es wäre schön, wenn einmal, wenigstens hier im Allrad-LKW-Forum, was sonst in der Regel so sachlich ist, ein Hunde-Informations-Threat einfach das sein könnte, was er ist. Eine Information über einen Sachstand.
edit: bin halt manchmal perfektionistisch veranlagt
