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von mercury-nomade » 2010-08-16 20:46:16
Habe mir heute die vielen Beiträge zu diesem Thema durchgelesen und dabei die im Intro zitierte Bildergalerie von T- Online angesehen. Dabei kommt der Flashback der Erinnerungen: Den "Camino de la Muerte" bin ich 1990 mit der XT 500 gefahren (hat in dem Alter für ein ganzes Jahr Reisen und alles Gepäck ausgereicht, heute braucht man dafür einen ganzen Magirus - daran merkt man das Älterwerden). Ein Bild sagt zwar mehr als 1000 Worte, aber es gibt da doch ein paar Worte, die diese Bilder stimmungsmäßig untermalen können:
Nach La Paz geht es erstmal auf 4.700 Meter hinauf. Bis dahin ist alles ok, Asphaltstraße, Rechtsverkehr, nur ein paar korrupte Polizisten, die einem 20 Bolivianos dafür abknöpfen wollen, dass man eine Tanke auf der linken Straßenseite ansteuert (Geisterfahrer). Bei 4.700 Meter hat die XT 500 dann noch gefühlte 10 PS, geht aber gerade eben nicht aus und hat eine Beschleunigung wie ein 200D / 8.
Dann kommt der Moment, wo man in die Yungas (das sind die grünen Hänge der Ostanden mit den tiefen Schluchten) abtaucht. Ab hier gilt dann nicht mehr das Rechtsfahrgebot, sondern: Wer bergauf fährt nimmt die Kurve auf der Innenseite. Nur leider weiß das nicht jeder. Die Ignoranten aus der Stadt La Paz, die einen Ausflug in die Yungas machen, wissen davon nichts und fahren weiterhin rechts (für einen Schleswig-Holsteiner nichts ungewöhnliches, er wird jeden Sonntag mit dem Können der Hamburger Autofahrer konfrontiert).
Auch das wäre noch ok, mit dem Motorrad kann man ja ausweichen. Aber an dem Tag, an dem wir diese Strecke fahren, findet noch eine Autorallye von nationaler Bedeutung statt. Wir sind in Südamerika, es gibt also keine Warnschilder, Mundpropaganda von der Tankstelle muss da reichen. Schließlich tankt man ja, bevor man in die Yungas fährt...
Die wahnsinnigen Rennfahrer (sind schließlich temperamentvolle Südamerikaner) kommen uns alle entgegen, meist nach einer 180 Grad Kurve durch die Felsen mit ca. 20 m Sichtweite. Die fahren natürlich Ideallinie, d.h. meistens in der Mitte und in Kurven immer innen.
Wir fahren bergab, müssen also in Kurven eigentlich nach außen ausweichen (richtig, da wo die 500 m tiefen Hänge sind). Es sei denn, es kommt einer aus la Paz entgegen, dann vielleicht auch nach innen (wenn es für uns eine Rechtskurve ist). Oder es kommt ein Rennfahrer im Rallye- Fahrzeug entgegen, dann weicht man am besten auf der Non- Ideal- Linie aus. Da man sich ziemlich erschreckt, wenn die Rennfahrer auftauchen, klappt das mit der Non- Ideal- Linie automatisch, sozusagen intuitiv.
War trotzdem schön. Zwischendurch ein paar Blicke auf die irre Gebirgslandschaft, man sieht auch einige Busse und LKW's da unten, 500 Meter tiefer, liegen, die kriegt man da nicht mehr weg. Es wird mit jedem Kilometer wärmer und grüner, da man konstant Höhe verliert. Sozusagen Wechsel von Winter auf Sommer in wenigen Stunden. Am Ende nochmal Staub schlucken, weil die Piste sandiger wird, die Blindflug- Phasen beim LKW überholen werden immer länger, aber danach ist die Luft wieder atembar.
War jetzt vielleicht etwas zu lang mein Text, aber sowas sieht man auf den Fotos nicht. Auf weitere schweißgebadete Touren (den Schweiß hab ich beim Magirus schon vom Lenken) !
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mercury-nomade am 2010-08-16 20:49:24, insgesamt 2-mal geändert.
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