Stanecker hat geschrieben: ↑2020-11-10 23:10:38
Wir sind nun schon seit Ende September in Island und ich habe mir gedacht, nach all den positiven Dingen, die ich aus dem Forum schon habe mitnehmen können, einfach mal, besonders aufgrund der pandemiebedingten Reiseschwierigkeiten, zu berichten und damit etwas zurückgeben zu können. In vielen Posts geht es ja um den Mangel an Zielen, die Problematik mit Quarantäne usw. Vielleicht hilft dieser Status ja dem einen oder anderen und ja, ich weiß dass viele von euch schon hier waren, nur eben die meisten wohl nicht zu Coronazeiten. Vorweg und ganz ehrlich: Island war Plan C, eigentlich haben wir von der Panamericana oder Australien geträumt. Ging nicht, ist halt so, zu Hause bleiben ging nach der langen Vorbereitung aber auch nicht... also Island. Da wollten wir sowieso mal hin, nur eben jetzt nicht und besonders nicht gen Winter.
Wir haben einen stopover auf den Färöern gemacht, auf Empfehlung nur eine Woche, was eigentlich zu kurz war, ebenfalls ein richtig tolles Ziel, nein, kein offroad.
Auf der Fähre von Färöer nach Island waren wir dann mit 2(!!!) Touristenfahrzeugen und etwas Cargo, wir hätten im Bauch des Schiffes 8-ten fahren können. So krass, wo man Aufnahmen aus Reiseberichten kennt, auf denen kein Millimeter Luft ist.
Was ich sagen will: wenn ihr Hummeln im Hintern habt und loswollt und Island irgendwie auf euren Plan passt - macht es. Wir sind schockverliebt und das Reisen ist hier gerade total toll. Wo wir auch hinkommen ist alles leer, ok, hat teilweise auch den Nachteil, das vieles zu ist, aber das eher saisonbedingt. Wir waren vor ein paar Tagen auf einem riesigen Parkplatz einer der Top-Attraktionen als einziges Fahrzeug und lesen mit einem Schmunzeln einen Kommentar auf Tripadvisor, der besagt, dass der Parkplatz für die vielen Touristen doch etwas zu klein sei.
Stellplätze sind überhaupt kein Problem, es schert sich auch niemand darum, weil keine Touristen da sind. Auf Campingplätzen waren wir seit der Quarantäne immer das einzige Fahrzeug. Ver- und Entsorgung ist nie ein Problem.
Die Jahreszeit beschert einem den einen oder anderen Ausfalltag durch schlechtes Wetter, aber hat man das im Sommer nicht auch? Ich hatte größte Bedenken hinsichtlich Kälte, Dunkelheit und Regen/Wind. Alles davon erleben wir (ok, weniger Wind wäre toll), aber es tut der Freude, dieses Land zu erleben und gerade nicht zu Hause zu sein keinen Abbruch.
Die Quarantäne besteht aus 5 Tagen und 2 Tests und ist hervorragend organisiert, es geht alles über die lokale Corona-App. Während der Quarantäne darf man keine Gebäude betreten und muss Abstand halten, muss erreichbar sein, darf sich aber tagsüber vollkommen frei bewegen. Selbst Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug sind drin. So ein Quarantäne-Tag, an dem man zu einem Wasserfall fährt und dort wandert ist irgendwie viel harmloser als man es sich vorher zu Hause in trister Langeweile dort ausharrend ausgemalt hat. Die extra dafür heruntergeladenen Filme ruhen fast alle noch unangetastet auf der Festplatte. Man braucht für die Zeit zwischen den Tests zwingend eine feste Adresse, was aber wie in unserem Fall auch ein Campingplatz sein kann. Das eigene Fahrzeug muss dann aber über Dusche und WC verfügen und autark sein. Wer das nicht hat greift auf eines der vielen sowieso leer stehenden Appartements zurück.
Corona an sich ist schon ein Thema hier, aber sehr milde und nicht vergleichbar mit dem Zustand, den wir von der Familie, Freunden oder den Nachrichten aus Deutschland mitbekommen. Die Vielzahl der Fälle (aktuell rund 1000) konzentriert sich auf den Raum Reykjavik, im dünn besiedelten Rest des Landes haben wir davon wenig gespürt - wie auch wenn man kaum einen Menschen sieht. Sozial distancing at it‘s best würde ich sagen. Wir waren im Hochland (Askia, Vatnajökull), sind viele Stunden gefahren und haben keinen einzigen Menschen, auf vielen Strecken nicht einmal Spuren gesehen. Ich wüsste nicht, das schon mal in meinem Leben gehabt zu haben. Selbst im Winter im tiefsten Lappland ist mir immer noch das eine oder andere Fahrzeug begegnet. Ich finde das riesig.
So, genug der Werbetrommel, irgendwie war ich das diesem tollen Land in der aktuell doofen Zeit schuldig. Noch eine wichtige Info für alle, die sich mit dem Gedanken tragen, das eigene Fahrzeug herzubringen: die Norröna von Smyril-Line ab Hirtshals (Dänemark) ist der einzige Weg und macht kurz vor Weihnachten ihre letzte Tour und geht dann bis März zur Renovierung in eine Werft. In der Zeit geht nichts.
Beste Grüße aus Island, safe travel und bleibt gesund
Tobias