Schmierstoff Nadellager an "Problemstellen"

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felix
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Schmierstoff Nadellager an "Problemstellen"

#1 Beitrag von felix » 2007-09-25 1:06:03

Hallo Ihr,

ich denke ich bin da nicht der einzige, der schon Ärger mit nicht umlaufenden Nadellagern gehabt hat. Z.B. in Antriebswellen, in Federbolzen oder in Achsschenkeln...

Nun denn, als ich meine schweren Achsen zerlegt habe, und so etwas:

Bild

aus einer ansonsten völlig intakten Vorderachse gezogen habe, habe ich beschlossen, der Sache etwas Tiefer auf den Grund zu gehen. Kann doch nicht angehen, dass der Bolzen, auf dem Das Nadellager läuft 1mm tief verzahnt ist, und der Rest der Achse völlig ok. Hier verschleißt irgendwie ein Bauteil bedeutend schneller als die Anderen.


Zu erst einmal habe ich einen Konstruktionsfehler vermutet. Ist aber nicht so, das Lager ist im Prinzip mehr als stabil genug. Vielmehr ist dieses ein Problem von Vibrationen: Das Lager steht bei Geradeausfahrt, ruckelt es in der Lenkung muss es jedoch anlaufen. In dem Moment des Anlaufens hat sich noch kein Schmierfilm zwischen Wälzkörper und Lagerring gebildet und die Teile fressen. So arbeiten sich dann an den Stehenden Lagern mm tiefe Kuhlen unter den Nadeln in den Bolzen, während Umlaufende Lager in der selben Achse noch nicht den geringsten Verschleiß aufzeigen. Mir bekannte Problemlagerungen sind Achsschenkel wie auf dem Bild, Gelenkwellen (Vor allem Doppelgelenkwellen, Schadensbild sieht oft sehr ähnlich aus.) und die Bolzen in Federn.


Einzig Abhilfe bzw. Linderung kann ein Schmierfett mit guten "Trockenlaufeigenschaften" schaffen. Deshalb habe ich mal Kontakt zur Fa. INA/FAG aufgenommen und folgende Antwort erhalten:
bezüglich der Vermeidung von Riffelbildung bei Bewegungen mit kleinen Schwenkwinkeln haben wir gute Erfahrungen mit Arcanol Load 150 und Fuchs Lubritech Gleitmo 585 M gemacht. Dabei wird das Fett von Fuchs Lubritech vor allem bei Bewegungen mit sehr kleinem Schwenkwinkeln eingesetzt. Wieviel das jeweilige Fett als Verbesserung bringt kann allerdings theoretisch nicht vorhergesagt werden, sondern muss im Einzelfall abgeprüft werden.
> Wenn bei der beschriebenen Anwendung quasi kaum Bewegung vorliegt (was ich aus der Beschreibung herauslese), ist Gleitmo 585 M vorzuziehen.

Auch wenn ich generell sehr skeptisch gegenüber "Wunderschmiermitteln" gerade im Motorölbereich bin, denke ich dass ich hier über meinen Schatten springen werde, mich an den Erfahrungen von INA/FAG orientieren, und das Zeug an den oben genannten Problemstellen einsetzen. Bei den Doppelgelenkwellen bin ich mir in Bezug auf die Amplitude der Vibrationen noch nicht einig. Bezugsadresse habe ich noch nicht, wird sich aber schon finden lassen.


Aber Obacht: Nicht willkürlich einsetzen. Davon ab, dass man das Zeug sicher nicht für 3EUR/Kartusche bekommt: An Schmierstellen ohne Vibrationsprobleme, z.B. Kardanwellen, Radlagern, Kupplungsausrücklager hat das Zeug nichts zu suchen und kann eventuell sogar zu ernsten Schäden führen. Auch solltet ihr vorhe rüberprüfen, ob an den Stellen überhaupt Wälzlager verbaut sind. Am Achsschenkel vom 170er, Mercur, Jupiter u.Ä. sitzen z.B. Gleitlager. In den meisten Federbolzen auch. Hier gehört das Zeug erstmal auch nicht rein.

Ach ja, beim neuwagen killt man damit auch de Garantie wenn es einer merkt...


Vielleicht hilft es ja Jemandem.

MlG,
Felix

AL28
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#2 Beitrag von AL28 » 2007-09-25 9:39:50

Hallo
@ Felix
Aber Obacht: Nicht willkürlich einsetzen. Davon ab, dass man das Zeug sicher nicht für 3EUR/Kartusche bekommt: An Schmierstellen ohne Vibrationsprobleme, z.B. Kardanwellen, Radlagern, Kupplungsausrücklager hat das Zeug nichts zu suchen und kann eventuell sogar zu ernsten Schäden führen. Auch solltet ihr vorhe rüberprüfen, ob an den Stellen überhaupt Wälzlager verbaut sind. Am Achsschenkel vom 170er, Mercur, Jupiter u.Ä. sitzen z.B. Gleitlager. In den meisten Federbolzen auch. Hier gehört das Zeug erstmal auch nicht rein.
Mit den 3,- Euro , und das man an den normalen Schmierstellen mit den 08/15 Fett auskommt , gebe ich dir recht .
Aber
An Schmierstellen ohne Vibrationsprobleme, z.B. Kardanwellen, Radlagern, Kupplungsausrücklager hat das Zeug nichts zu suchen und kann eventuell sogar zu ernsten Schäden führen. Auch solltet ihr vorhe rüberprüfen, ob an den Stellen überhaupt Wälzlager verbaut sind. Am Achsschenkel vom 170er, Mercur, Jupiter u.Ä. sitzen z.B. Gleitlager. In den meisten Federbolzen auch. Hier gehört das Zeug erstmal auch nicht rein.
Gibt es da fundierte technische gründe , oder ist das aus den Finger gesaugt ?
Gruß
Oli
Auch wenn sich die Überlebensstrategie der Schafherde bewährt hat, will ich nicht leben wie ein Schaf von vielen.
Jeder führt das Leben das er sich verdient hat.

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felix
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#3 Beitrag von felix » 2007-09-25 10:30:30

Hallo Oli,

das von INA vorgeschlagene Fett besitzt Feststoffschmierkörper, welche (von mir geraten) sich an Metallische Oberflächen anhaften können. Damit z.B. würde man die Lagerluft von Lagern (minimal) Ändern, und dass kann bei Thermisch hoch belasteten Lagern zu massiven Schäden führen. Es kann böse Folgen haben, wenn man etwas Anderes verwendet, als das, was in der Betriebsanleitung steht. Bevor ich das mache würde ich den Schaden genau analysieren (Habe mit dem Foto und ner ausführlichen Beschreibung nen Lagerdimensionierer angeschrieben) und mir dann bei tribologischen Abteilung von INA/FAG einen Rat zum Schmiermittel geholt.

Deshalb bin ich an den Doppelgelenkwellen auch noch etwas zimperlich. Aber eigentlich fährt man auch hier nie so lange um die Kurve, dass sich die Lager nennenswert erwärmen. (Das Lager einer Doppelgelenkwelle steht ja auch bei Geradeausfahrt) Nix zu suchen hat es z.B. in der Kardanwelle, die Wellen sind ja immer etwas geknickt, sodass sich die Lager bewegen müssen und ein Schmierfilm vorhanden ist. Schwupp: Ständig sehe ich massive Schäden an vorderen Dopelgelenkwellen bei Permanentallrad, an den Kardanwellen geht meist das Schiebestück zuerst kaputt...


Bei einem umlaufenden Lager gibt es auch keine Schmierprobleme, da sich schon bei sehr kleinen Drehzahlen ein Schmierfilm bildet. Es verschleißt nur noch das Fett, nicht das Metall, weil sich kein Metall berührt.


Ich habe bei INA ein Fett gegen Riffelbildung bei stehenden Lagern unter Vibrationen und ohne nennenswerte Temperaturbelastung gefragt und diese Antwort bekommen. Also sollte man es nur dafür verwenden. Braucht man z.B. eine Lösung für ein stehendes Gleitlager: Man wende sich einfach vertrauensvoll an der nächsten großen Lagerhersteller dem man so genau wie möglich sein Problem schildert. Die haben eine eigene Abteilung für Schmierstoffe und werden einem eine fundierte Antwort schreiben. Aber nicht einfach etwas, dass für Nadellager empfohlen wurde in andere Lager pumpen.


Außerdem: Never touch a running System! -> Löse nur Probleme, die auch welche sind. Ich bin der Meinung, das stehende Wälzlager bei unseren Autos ein Problem sind, vor allem wenn man sie auf schlechten Straßen und damit unter erhöhten Vibrationen einsetzt.
Von generellen Problemen mit Radlagern, Kardanwellen, Kupplungslagern u.Ä. abschmierbaren Dingen habe ich nicht gehört. Wenn es mal Probleme mit so etwas gibt, so sind sie meiner Meinung nach zu 99,999% auf eingedrungenes Wasser/Dreck wegen zu alter Abdichtungen und Schlammorgien, falsch eingestelltest Lagerspiel, Konstruktionsfehler (Robur/Hanno VTG) oder falsche FZ-Bedienung (Ständig leicht den Fuss auf der Kupplung, kein Leerlauf an der Ampel) u.Ä. zurückzuführen. Aber nicht darauf, dass die Schmiermittel nichts taugen. Also Mehrzweckfett in abschmierbare Schmierstellen, Langzeitfett in nicht leicht zugängliche Schmierstellen wie Radlager. Wenn man den Lagern wirklich etwas Gutes tun möchte, dann verkürzt man die Schmierintervalle. Da kann man nix falsch machen, und die Wahrscheinlichkeit Wasser oder Dreck aus den Lagern zu bekommen steigt dabei.


Außerdem wird das empfohlene Fett das Problem nicht Lösen. Nach Aussage von INA jedoch etwas mildern. Und das ist besser, als nix.

MlG,
Felix

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#4 Beitrag von Snoops » 2007-09-25 22:30:01

Hi,

ich verwende für alle Schmierstellen Mehrzweckfett mit MoS2 (Molybdändisulfid). Das ist ebenfalls ein Festschmierstoff mit sehr guten Schmiereigenschaften und soll sogar an der Metalloberfläche eine Art Verschleißschutzschicht bilden.... Jedenfalls ist solches Fett universell einsetzbar, für Gleit- und Wälzlager. Auch bei umlaufenden Wälzlagern kann es Vorteile bringen, da auch dort ein nennenswerter Gleitreibungsanteil vorhanden ist.
Mag sein, daß die von Felix genannten Schmierstoffe im Einzelfall noch besser sind, dafür muß aber für verschiedene Schmierstellen unterschiedliches Fett verwendet werden...

Grüße
Snoops
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#5 Beitrag von nordlicht » 2007-09-25 22:46:32

Hallo,

ich kenne das Problem der eingeschlagenen Rollkörper von den Umlenkhebeln in Schlepperachsen. Wirklich gelöst hat sich das Problem erst mit den Verzicht auf Nadellager. Moderne Gleitlagerwerkstoffe können das viel besser. Neben höherer Tragzahl reagieren sie unempfindlicher auf Schwenkbewegungen und vor allem auf Schläge.

Felix,

fertige Dir doch Buchsen aus Carobronze mit gescheiten Schmiertaschen an. - Oder Stahlverbundbuchsen mit Teflonbeschichtung... Ich denke das tut`s besser als Nadellager.

Viele Grüsse,

Burkhard

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#6 Beitrag von felix » 2007-09-26 0:14:30

Hallo Burkhard,

vorweg: Das Problem sind keine Schläge, sondern Vibrationen. Also kleine Bewegungen, bei denen sich noch kein Schmierfilm aufgebaut hat. Und eventuell auch Korrosionseffekte, aber das habe ich auch gerade erst heute erfahren.


Gleitlager waren auch meine erste Idee. (Zumal sowas ja auch in vielen LKW-Achsen verbaut ist.) Aber:

Trockenlaufende Kunststoffwerkstoffe sind zu weich (Auch die ganz guten), bei der in dem Lager auftretenden Flächenpressung fließen sie weg.

Bei metallischen Lagern, welche eine Nasschmierung benötigen, ist das Problem noch einmal deutlich verschärft, da sie bei Vibrationen noch größere Winkel und Geschwindigkeiten brauchen, um einen Schmierfilm aufzubauen. Sie sind zwar gegen Schläge deutlich unempfindlicher, als Wälzlager. Aber Vibrationen sind für Gleitlager absolut tödlich.

Dann habe ich über Feststoffgeschmierte Gleitlager nachgedacht. Ein Kumpel aus dem Maschinenbau meinte aber ich soll die Finger davon lassen, die taugen höchstens zusammen mit einer Nassschmierung. Das ist wohl eher was für Schleusentore.


Nach allen Rücksprachen: Vollnadelige Nadellager sind das Beste, was man dort verbauen kann. Es stimmt, ein Modernes Kunstoffgleitlager könnte an der Stelle beinah ewig halten. Dafür müsste es aber um ein Vielfaches größer ausgelegt werden, was nicht machbar ist. Das Axiallager der Achse ist übrigens auch ein Kuststofflager (Noch intakt...), und nicht wie beim 170er ein Axialkegelrollenlager.


Nun hat der Bolzen auf dem Bild auch 300.000km in einem Kipper gedient. Es ist also kein von jetzt auf gleich Problem. Aber generell fallen mir regelmäßig Probleme bei stehenden Nadellagern auf, deswegen habe ich mich erkundigt und ich denke ein besser geeigneter Schmierstoff ist eine sehr einfache Hilfe, wenn auch sicher keine perfekt Lösung.

MlG,
Felix

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#7 Beitrag von nordlicht » 2007-09-26 20:52:16

Hi Felix,

Deine Argumentation verstehe ich gut. Allerdings meinte ich keine konventionellen Kunststoffbuchsen.

Mit denen geht es auch wirklich nicht. Was allerdings für diese "Mischreibungslagerung " von Lenkungen erprobt ist, sind Mehrschichtbuchsen.

Guck doch mal im Netz bei "Permaglide". Die haben für diese Fälle super Werkstoffpaarungen im Angebot.
Ich bin Fan von dem Material.

Bei Nadellagern brauchts nur ein Staubkorn um eine Nadel zu blockieren. Dreht die erste Nadel nicht mehr, ist der Rest eine Frage der Zeit.
Ich bin in diesem Fall ausnahmsweise schwer zu überzeugen.

Bis die Tage,

Burkhard

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#8 Beitrag von felix » 2007-09-27 1:25:36

Hallo Burkhard,

Ach Misst, da dachte ich gerade, ich hätte ein Problem abgefrüstückt, da muss ich nun wegen dir ganz von vorne anfangen...

Du hast Recht, der Werkstoff P20 erreicht bei Teilschmierung die Leistungsdaten des Nadellagers. Zumal bei der Lebensdauer es eh etwas schwierig mit dem rechnen wird, was sind 4000Stunden bei 3Umdrehungen pro Minute? Wie viel der FZ-Lebensdauer wird am Lenkrad gekurbelt?
Maximallast verträgt es sogar etwa das dreifache vom Nadellager. Mit gruselt zwar etwas, aber generell könnte man es damit mal probieren. Eigentlich ich ein Gleitlager von einem Schmierfilm abhängig, und damit für Lenkungslager nicht geeignet...

Billiger und vor allem Verfügbarer sind sie eh.

Nun benötigt die Anwendung Büchsen und keine Hülsen, damit es abschmierbar bleibt und kein Dreck eindringen kann. Außerdem sind die Dinger Dünner als die Nadellager. Muss ich also einen Dreher finden, welcher mir einen Satz Büchsen drehen kann, in die man die Lager montiert.


Hmm, der kram läuft bei euch wirklich in Lenkungen (Schwenkbewegungen/Schwenkvibrationen?)


MlG,
Felix

P.S: Zu dem "Aus den Fingern gesaugt": Für die hier beschriebenen Gleitlager ist MoS2 Zusatz ausdrücklich verboten, der Zusatz verstellt das Lagerspiel.

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#9 Beitrag von Mike » 2007-09-27 8:12:24

Hei Felix,
andere Möglichkeit, aufsintern wie im AV geschrieben, aber mit Gleitlagermaterial. Hatte seinerzeit ein Yamaha XS 1100 Gespann mit dem Problem das das Führungsrohr der Kardanverzahnung des Hinterrades immer abnutzte und im Hinterachsgetriebe verkantete, Verzahnung und Lager frass. Die Verzahnung war in Gummis zu Ruckdämpfung aufgehängt und durch diese Anfahrbewegung nutzte sich die Führung trotz Schmierung schnell ab, da EML falsches Material für die 15 Zoll Felge verwendet hatte. Abhilfe schaffte damals die Firma Kraus? in Quelle durch aufsintern mit einem selbstschmierenden Lagermaterial. 200000 km Ruhe danach. Diese Aktion war auch nicht teuer, ist aber schon 20 Jahre her. Aber da du ja im Zentrum von Boellhoff und sonstigen wohnst, ist das sicher nicht die einzige Bude.
Munter bleiben
Mike

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