Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

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Walöter
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Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#1 Beitrag von Walöter » 2022-04-20 11:03:40

Hallo Forum,

Gerüchte, die sich hartnäckig halten: Im Allgemeinen z.B. der Eisengehalt im Spinat, im Speziellen die Geschichte vom defekten Simmering in der Radnabe der Hinterachse beim Kurzhauber. Wenn aus den Löchern der Radnabe an der Hinterachse "Öl" austritt, wird meistens der Simmering in der Radnabe verantwortlich gemacht. Das stimmt so nun mehrfach nicht: Zum einen handelt es sich meist nicht wie vermutet um Öl aus dem Differential, sondern um verflüssigtes Fett aus der Radnabe. Zum anderen hat das wiederum nichts mit dem Simmering in der Radnabe zu tun. Der Reihe nach:
Im Achs-Rohr befindet sich kein Simmering. Lediglich im Differentialgehäuse gibt es ein Schwallblech, welches verhindert dass übermäßig viel Öl aus dem Differential in das Achs-Rohr gelangt. Im Achs-Rohr ist lediglich die Steckachse und falls vorhanden auf der rechten Seite der Zylinder für die Betätigung der Differentialsperre (HL4 Achse). Die Steckachse ist außen mit der Radnabe verschraubt bzw. verzahnt.
Innerhalb der Radnabe befindet sich ein großer Simmering hinter dem inneren Radlager. In der Radnabe selbst sollte 700 Gramm Wälzlagerfett sein. Der Simmering verhindert das Austreten von Fett Richtung Bremse und das Eindringen von Schmutz in die Radnabe.
Trotzdem tritt häufig ölige Flüssigkeit aus den beiden Bohrungen der Radnabe aus.
Wie kommt's und was tut man dagegen?
Wie es kommt: Das Fett in der Radnabe verflüssigt sich mit der Zeit. Das kann daran liegen, dass das Fett recht alt ist. Auch wird die Verflüssigung beschleunigt, wenn statt Wälzlager-Fett "normales" Wald- und-Wiesen Mehrzweckfett in der Radnabe ist. Es lässt sich nämlich nicht vermeiden, dass mit der Zeit kleine Mengen Öl über das Achs-Rohr den Weg in die Radnabe findet. Das Mehrzweck-Fett mag das gar nicht und verflüssigt schnell. Eine weitere Ursache können verschlissene oder falsch eingestellte Radlager sein. Die Radnabe wird dadurch heiß, was ebenfalls die Verflüssigung begünstigt.
Abhilfe kann geschaffen werden, in dem man der Radnabe etwas Aufmerksamkeit in Form von neuem Fett und ggf. neuen Radlagern schenkt.
Wenn's mal so aussieht sollte man was machen.
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Reifen demontieren und Bremstrommel abdrücken (bei HL4 mit Sperre, bei Trommelnaben ist das ein Teil, sonst bleibt alles mehr oder minder gleich)
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Meist kommt auf der linken Seite mehr Gesabber raus. Das liegt daran dass rechts der Zylinder der Differentialsperre verhindert, dass Öl aus dem Differential Richtung Nabe gelangt. Was rauskommt ist dennoch kaum Öl aus dem Differential sondern hauptsächlich verflüssigtes Fett.
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Radnabe demontieren, dazu gibt es einen Klauenschlüssel von MB. Erst Sicherungsblech aufbiegen, dann äußere Mutter lösen, Sicherungsblech abnehmen, innere Mutter lösen.
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Jetzt kann die Nabe abgezogen werden, die Anlaufscheibe kann vorher mit einem Magneten abgenommen werden oder sie fällt bei der Demontage der Radnabe einfach mit vom Achs-Rohr.
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Jetzt kommt das beste von allem: Radnabe sauber machen. Sauerei....
Der Simmering sollte allemal erneuert werden, dazu wird am einfachsten der Innenring des inneren Radlagers ausgetrieben, der Simmering wird dabei mit ausgetrieben.
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Anschließend kann der Außenring des inneren Radlagers ausgetrieben werden. Man brauch nicht unbedingt Spezialwerkzeug dazu, allerdings sollte man darauf achten die Radnabe nicht zu beschädigen.
Um das äußere Radlager zu demontieren braucht man eine recht kräftige Seegeringzange, Spielzeug wird nicht funktionieren.
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Die mit neuen Lagern versehene Radnabe wird mit 700 Gramm Wälzlagerfett befüllt.
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Wieder Sauerei
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Zuletzt wird noch der neue Simmering eingetrieben. Zumindest hier empfiehlt sich ein passendes Werkzeug zu verwenden
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Die Radnabe kann jetzt wieder montiert werden:
Radnabe auf das Achs-Rohr schieben, dabei darauf achten den Simmering nicht zu beschädigen.
Jetzt wird zuerst die Anlaufscheibe aufgeschoben, danach die erste Mutter aufgeschraubt.

Einstellen der Radlager:

Dabei die Radnabe immer wieder drehen und mit einem Weichhammer bearbeiten damit sich die Lager setzen können.
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Die Mutter mit 100-150 Nm anziehen. Es sollte ein deutlicher Widerstand beim Drehen feststellbar sein.
Anschließend die Mutter wieder etwas lösen, bis an der Radnabe Spiel spürbar ist. Dazu die Radnabe mit beiden Händen fassen und kräftig hin und her drücken/ziehen.
Jetzt eine Meßuhr an der Radnabe befestigen und auf die Mutter tasten lassen.
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Das Radlagerspiel auf 0,02-0,04 mm einstellen.

Die Methode die Lager einfach "fest" zu ziehen und wieder 1/8 Umdrehung zu lösen kann ich mittlerweile nicht mehr empfehlen. Es hat sich herausgestellt, dass ein korrektes Radlagerspiel so nicht eingestellt werden kann. Die Folgen von falschem Lagerspiel sind jedoch erheblich, dazu am Ende noch mehr. Der richtige Nutmutternschlüssel ist hier unabdingbar.
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00003914.JPG (30 KiB) 4431 mal betrachtet
Ist das richtige Lagersiel erreicht (es ist nur wenig Drehen der Mutter nötig), Sicherungsblech aufschieben, zweite Mutter mit 300-350 Nm anziehen, Sicherungsblech umbiegen und das Radlagerspiel nochmals kontrollieren.

Die Folgen von falsch eingestelltem Radlagersiel sind nicht unerheblich: Die Nabe wird zu heiß, das schon mal nicht so gut. Was aber viel schlimmer ist: Die Nabe sitzt nicht mehr gerade auf dem Achs-Rohr (der Abstand Bremstrommel zu Bremsträgerplatte ist dann oben und unten nicht mehr gleich, leicht zu erkennen). Das kann dazu führen, dass die Steckachse am Achs-Rohr reibt, beschädigt wird und im schlimmsten Fall bricht. Bei verzahnten Steckachsen leidet auch die Verzahnung, und zwar so schlimm dass irgendwann kein Kraftschluss mehr möglich ist. Wenn man nun bedenkt dass die Steckachsen für die HL 4 Hinterachse im Kurzhauber nirgends mehr aufzutreiben sind, wird so ein falsch eingestelltes Radlagerspiel schnell zum Fiasko.

Benötigtes Werkzeug:
Hat man mehr oder weniger alles, der Sprengring verlangt nach einer großdimensionierte Seegeringzange, für die Lager und den Simmering sind entsprechende Werkzeuge zum aus- und eintreiben hilfreich, da kann man sich aber auch helfen. Unabdingbar ist der Nutmutternschlüssel. Wer hier Hilfe braucht kann mir scheiben, der Schlüssel ist leider bei MB nicht mehr lieferbar
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Alles wieder hübsch
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00003884.JPG (28.03 KiB) 4431 mal betrachtet
Viel Spaß & Erfolg beim Schrauben!

Walter
Zuletzt geändert von Walöter am 2022-04-20 16:50:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#2 Beitrag von der Herbert » 2022-04-20 12:37:23

Lieber Walter,
meinen herzlichen Dank für diese wieder mal sehr anschauliche Anleitung. Die nehme ich auf große Reise mit!
LG, Herbert
Die Laster sind untereinander näher verwandt als die Tugenden.
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#3 Beitrag von Bad Metall » 2022-04-22 8:13:28

Hallo Herbert

Besser vor der Reise tauschen, dann brauchst Du nichts mitnehmen. Es schadet sicher nicht das Fett nach 40 Jahren zu tauschen... :D

Gruß Bernd

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#4 Beitrag von Pirx » 2022-04-22 8:23:36

Bad Metall hat geschrieben:
2022-04-22 8:13:28
Hallo Herbert

Besser vor der Reise tauschen, dann brauchst Du nichts mitnehmen. Es schadet sicher nicht das Fett nach 40 Jahren zu tauschen... :D

Gruß Bernd
Das Radlagerfett an Herberts Kurzhauber ist garantiert keine 40 Jahre alt! Ich habe es mehrfach erneuert, als der LKW noch mir gehörte!

Ansonsten stimme ich Bernd zu: das ist etwas, was man bei Bedarf vor der Reise macht, nicht unterwegs.

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#5 Beitrag von PaFlo911 » 2022-04-23 11:32:46

Hallo Walter,

Vielen Dank für die ausführliche und vollumfassende Beschreibung! Das Thema Radlagerspiel poppt ja regelmässig mal auf… Was mir aufgefallen ist: das Festziehen und Lösen der inneren Nutmutter um 1/8 Umdrehung hat für mich den folgenden Sinn: Zum einen das Spiel eliminieren und dann wieder genügend Spiel herstellen um nach dem Festziehen der Äusseren Nutmutter das korrekte Lagerspiel zu erreichen. Meiner Meinung nach kann man sich das Messen und Einstellen nur mit der inneren Mutter sparen, da durch das Flankenspiel in Gewinde zwischen Achsrohrgewinde und Nutmutter das Lagerspiel nach anziehen der äusseren Nutmutter eh nicht mehr stimmt. Demzufolge ist es unabdingbar das Lagerspiel im komplett montierten Zustand zu messen… Ich kann mir vorstellen dass der Wert 1/8 Umdrehung rechnerisch unter Berücksichtigung des Flankenspiels der Nutmutterngewinde ein guter Startwert ist, nur wenn die Verschraubung nicht mehr neu ist und schon ein paar mal geöffnet wurde passts halt nicht mehr….. kann schon ein bissl ein gefummel sein dann.

Und noch was zur Temperatur der Nabe: Ich hatte nach Erneuerung des Fetts nach der ersten Fahrt festgestellt, dass die Naben warm wurden (handwarm..ca 50Grad), war aber nach der 2. Fahrt weg. Dies hängt damit zusammen dass sich der Fettbaz erstmal sauber verteilen muss, das Fett führt zu Reibungswärme….

Viele Grüsse,
Flo
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#6 Beitrag von OliverM » 2022-04-23 20:24:37

So , so Märchen also ?
Wenn ursächlich nur das verflüssigte Fett für die Leckage verantwortlich ist verstehe ich nicht , warum der Simmering neu gemacht wird . :ninja:
Ansonsten ist das aber eine nette Theorie denn einem heilen Simmering ist es völlig Latte ob er Fett oder Öl abdichten soll .


Gruß

Oliver
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#7 Beitrag von Mark86 » 2022-04-23 20:29:07

OliverM hat geschrieben:
2022-04-23 20:24:37
So , so Märchen also ?
Wenn ursächlich nur das verflüssigte Fett für die Leckage verantwortlich ist verstehe ich nicht , warum der Simmering neu gemacht wird . :ninja:
Ansonsten ist das aber eine nette Theorie denn einem heilen Simmering ist es völlig Latte ob er Fett oder Öl abdichten soll .


Gruß

Oliver
Weil wenn man einen alten Simmering beim Ausbau der Steckachse dehnt, bzw. aus seiner Jahrezehnte angestammten Lage bringt, der wahrscheinlich davon eine Dauerhafte Verformung beibehalten wird, die dazu führt dass er auch wenn er bis zum Ausbau dicht war, danach undicht ist. Sowas macht man dann immer neu.
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#8 Beitrag von OliverM » 2022-04-23 20:31:07

Mark86 hat geschrieben:
2022-04-23 20:29:07
OliverM hat geschrieben:
2022-04-23 20:24:37
So , so Märchen also ?
Wenn ursächlich nur das verflüssigte Fett für die Leckage verantwortlich ist verstehe ich nicht , warum der Simmering neu gemacht wird . :ninja:
Ansonsten ist das aber eine nette Theorie denn einem heilen Simmering ist es völlig Latte ob er Fett oder Öl abdichten soll .


Gruß

Oliver
Weil wenn man einen alten Simmering beim Ausbau der Steckachse dehnt, bzw. aus seiner Jahrezehnte angestammten Lage bringt, der wahrscheinlich davon eine Dauerhafte Verformung beibehalten wird, die dazu führt dass er auch wenn er bis zum Ausbau dicht war, danach undicht ist. Sowas macht man dann immer neu.
Moin Mark ,
danke für den wirklich leerreichen Inhalt . Ich weiß garnicht wie ich bisher ohne das Wissen überlebensfähig war .

Gruß

Oliver
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Nelson
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#9 Beitrag von Nelson » 2022-04-25 8:41:01

Moin,

dieser Punkt holt mich auch nicht richtig ab. Oder ich verstehe etwas falsch? Wenn Schmierstoff aus den Ablaufbohrungen kommt, muss es an dem Wellendichtring vorbeigekommen sein und auf dem Weg in die Bremse im letzten Moment vom Auffangblech umgeleitet worden sein in die Abläuf. Schmierstoff kommt an dem Wellendichtring nur vorbei, wenn er defekt ist. Die Art des Schmierstoffs sollte keine Rolle spielen, im Allgemeinen funktioniert das sowohl mit Öl als auch mit Fett. Im Besonderen ist mein armer Kurzhauber auch schon längere Zeit mit reinem Getriebeöl in der Radnabe gefahren, weil ich bei einer spontanen Reparatur auf die Schnelle nicht ausreichend Fett griffbereit hatte.

Simmerringe bei demontierten Radnaben allgemein tauschen kommt bei mir allerdings auch nicht vor. Wenn er defekt ist, wird er ersetzt, und wenn er samt dazugehöriger Lauffläche in akzeptablem Zustand ist, kommt das unangetastet wieder zusammen. Die Beurteilung dazu traue ich mir halt zu, allerdings liegt das ein Stück weit einfach an der Menge der demontierten Radnaben verschiedener Fahrzeuge im Laufe der Zeit und dass mich sowas inzwischen nicht mehr lange aufhält- man könnte es negativ auch Abstumpfung nennen...

PaFlo911 hat geschrieben:
2022-04-23 11:32:46
Was mir aufgefallen ist: das Festziehen und Lösen der inneren Nutmutter um 1/8 Umdrehung hat für mich den folgenden Sinn: Zum einen das Spiel eliminieren und dann wieder genügend Spiel herstellen um nach dem Festziehen der Äusseren Nutmutter das korrekte Lagerspiel zu erreichen. Meiner Meinung nach kann man sich das Messen und Einstellen nur mit der inneren Mutter sparen, da durch das Flankenspiel in Gewinde zwischen Achsrohrgewinde und Nutmutter das Lagerspiel nach anziehen der äusseren Nutmutter eh nicht mehr stimmt. Demzufolge ist es unabdingbar das Lagerspiel im komplett montierten Zustand zu messen… Ich kann mir vorstellen dass der Wert 1/8 Umdrehung rechnerisch unter Berücksichtigung des Flankenspiels der Nutmutterngewinde ein guter Startwert ist, nur wenn die Verschraubung nicht mehr neu ist und schon ein paar mal geöffnet wurde passts halt nicht mehr….. kann schon ein bissl ein gefummel sein dann.
Ich habe auch schon 1/4 Umdrehung gehört und noch ein paar "Eselsbrücken"... Wenn ich bedenke, wie unterschiedlich Radlager in verschiedenen Achsen eingestellt werden, verliert das ein wenig an Brisanz. Es gibt ausgefuchste Konstruktionen, bei denen z.B. eine extra Scheibe zwischen Mutter und Lager bei korrekter Vorspannung mit einem bestimmt Drehmoment gerade noch drehbar sein soll, es gibt den Klassiker mit zwei verkonterten Muttern mit verschiedensten Einstellanweisungen (Drehmoment, Drehwinkel, Lagerspiel, Lagerschleppmoment), und es gibt sehr viele Achsen, bei denen einfach eine Kronmutter versplintet wird. Die kann man per Definition nicht auf eine korrekte Lagervorspannung einstellen, sondern nur in diskreten Schritten grob annähern. Und am Ende sind in fast alle Fällen zwei einfache Wald-und Wiesen-Lager in X-Bauweise drin, die den immer gleichen Gesetzen gehorchen (sollen :blume: )

Bei Unsicherheit oder Unerfahrenheit ist hier das Vorgehen per Messuhr nach Herstellervorgaben natürlich am sichersten. Aber wenn man Übung darin hat ist das auch mit einfachen Mitteln kein großer Angang (siehe "Abstumpfung").


Grüße

Nils

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#10 Beitrag von willem » 2022-04-25 9:26:26

Nelson hat geschrieben:
2022-04-25 8:41:01
...Wenn er defekt ist, wird er ersetzt...
Wann ein WeDi montiert ist, und danach wieder ausgebaut, ist er doch per Definition defekt :angel: Außer er ist Teuer, nicht auf Lager, du bist Bauer, oder es ist Nachmittag und das Bier wartet... :joke: Egal wie Abgestumpft, ein Radnabe zerlegen kostet Zeit, da kann bzw soll Mann billige Verschleißteile wie Dichtringe und O-Ringe gleich ersetzen.

Nelson
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#11 Beitrag von Nelson » 2022-04-25 15:29:46

Ich will niemandem ausreden den WeDi immer pauschal neu zu machen. Gerade wer sich nicht sicher ist, kann mit planbarem Aufwand damit immer auf der sicheren Seite sein. Allerdings, wenn man ausschließen will die Arbeit für die Radnabe mehrfach zu haben, könnte man auch über Radlager, Bremszylinder und Bremsbeläge nachdenken. Da kommt man auch so bald nicht mehr dran, und so besonders teuer sind die jeweils auch nicht... ;)

Was den Preis betrifft ist das freilich ambivalent, als Einzelposition wohl zu vernachlässigen, aber mit entsprechneder Vollkaskomentalität kann man das über das ganze Auto verteilt auch schnell wachsen lassen. Praktisch: der entsprechende WeDi, den ich an der Kurzhauberachse mal getauscht hatte (weiß nicht mehr, ob vorne oder hinten) kostete vor 10 Jahren 20 Euro bei Mercedes. Das ist nicht die Welt, war es selbst damals für mich nicht. Wenn ich bei jedem Öffnen einer Radnabe am Kurzhauber die Simmerringe neu gemacht hätte, wären das schon über 100 Euro nur für pauschale Tauschteile, die aber vorher und -in meinem Fall erwiesenermaßen- nachher einwandfrei funktionerten.

Die Herstellervorgaben sind bestimmt ausgefeilt und führen zu einer sicheren Instandsetzung. Ich möchte eigntlich nur entschärfen, dass ein Abweichen von der Herstellervorgabe nicht zwangsläufig in einer schlechten Raparatur endet. Leuten mit wenig Schrauberpraxis und einem festen Bremszylinder kann auch unterwegs in Quetta ein Pakistani die Radnabe ohne Neuteile einfach so montieren, wie er es jeden Tag macht. Und wenn er ein guter Mechaniker ist, löst er das gut und man kann mit gutem Gefühl weiterfahren.


Grüße

Nils


Ach, warte,
willem hat geschrieben:
2022-04-25 9:26:26
Egal wie Abgestumpft, ein Radnabe zerlegen kostet Zeit,...
da fällt mir doch zufällig jemand ein, der in der Ernte etwa eine Dreiviertelstunde vor Abfahrt noch schnell vor der Werkstatt auf der letzten Achse einmal in die Bremse geschaut hatte. ;) Im Ernst, wir hatten das doch schneller wieder zusammen, als ich irgendwelche Neuteile auch nur hätte bestellen können... (war allerdings weder Mercedes, noch Kurzhauber)
:positiv:

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#12 Beitrag von Nelson » 2022-04-28 8:20:47

Hallo,

unabhängig von der abschweifenden Philosophie, wieviel Neuteile eine Reparatur braucht, bin ich immernoch interessiert, warum der WeDi bei der Leckage keine Rolle spielt. Wie ich das bei den von mir operierten Radnaben bisher verstanden hatte, habe ich geschrieben. Aber Walter denkt sich ja in der Regel was bei der Erklärung.

Wie sieht das aus im Detail?


Grüße

Nils

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#13 Beitrag von Walöter » 2022-05-07 9:40:57

Vielleicht habe ich mich nicht verständlich genug ausgedrückt: Der Wellendichtring dichtet den Inhalt der Radnabe (egal ob nun Fett, Öl, verflüssigtes Fett oder sonst was) gegen die Bremsträgerplatte ab. Das wiederum hat überhaupt nichts damit zu tun, dass irgend etwas (flüssiges...) aus der Radnabe kommt und dann in der Felge ist. Das kommt ausschließlich durch die beiden Bohrungen in der Radnabe, die genau zu diesem Zweck da sind.
Fett, Öl oder sonst was, das aus der Radnabe in die Felge kommt hat also nichts mit dem Simmering zu tun.
Wenn etwas am Simmering vorbei kommt, ist es als nächstes an der Bremsträgerplatte und damit an der Innenseite der Bremstrommel.
Fazit: Es muss nichts am Simmering vorbei, um aus den Bohrungen heraus zu kommen, es muss einfach nur flüssig genug sein.

@all: Ich hoffe jetzt ist's verständlicher. Ansonsten bitte einfach mal den Aufbau der Radnabe gedanklich nachvollziehen.
@Oliver: Ich weiß, dass du das alles weißt, und weiß auch, dass du weißt, dass man einen Simmering hier erneuert, und ich vermute, dass du einfach nur gern rummotzt. Wozu?

Walter
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#14 Beitrag von wuestendiesel » 2022-05-07 14:45:26

Das mit dem Warmwerden der Nabe mit neuem Fett kann ich bestätigen, ist bei der 2.Fahrt weg.
Gruß Steffen

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#15 Beitrag von Dieselsurfer » 2022-05-08 11:35:52

also bei meinen Trommelnaben (vorn und hinten) gehen die Bohrungen von außen hin den Bereich zwischen Simmering und dem Ölfangblech. Das macht meiner Meinung nach auch Sinn: Wenn der Simmering durch ist noch eine Notsicherung zu haben, damit die Suppe halt nicht gleich in die Bremse kommt. Daher ist es auch sehr wichtig, dass die Bohrungen offen sind. Nicht mit Schmonze und Dreck zugesetzt.
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#16 Beitrag von OliverM » 2022-05-08 19:51:37

Dieselsurfer hat geschrieben:
2022-05-08 11:35:52
also bei meinen Trommelnaben (vorn und hinten) gehen die Bohrungen von außen hin den Bereich zwischen Simmering und dem Ölfangblech.
Ja, genau da gehören sie auch hin . Wenns dort raus sifft ist mind. der Simmering hinüber . Dem gibt es nichts hinzu zu fügen.

@Walther . Mein Post hat nichts mit grantlern zu tun sondern viel mehr mit : Schuster bleib bei deinen Leisten. Vielleicht gehst du doch mal in dich und editierst deine Geschichte hier so weit dass sie zumindest sachlich richtig ist. :ninja:

Für den Rest möge sich ein jeder bitte seine eigene Meinung dazu bilden....

In diesem Sinne wünsche ich noch einen schönen Restsonntag.

Oliver

edit : In deinem 10. Bild hier kann man (wenn auch undeutlich ) die Ablaufbohrung zumindest erahnen .
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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#17 Beitrag von Walöter » 2022-05-08 20:59:37

Ihr habt Recht und ich nicht:

Das was auch immer nicht vom Inneren der Radnabe in die Bremse gelangen soll, muss natürlich erst am Simmering vorbei, um überhaupt durch die Bohrungen nach außen gelangen zu können!

Manchmal dauerts offensichtlich etwas länger bis der Groschen fällt. Wie ich auf meinem Denkfehler kam, kann ich nicht sagen. Manchmal verrennt man sich anscheinend. Ich nehme ein Zukunft immer ein Paddelboot mit auf's Pferd, damit ich besser wieder zurück rudern kann wenn ich mich mal wieder vergaloppiert habe.

Den Text oben kann ich nicht mehr editieren. Vielleicht ist das auch besser so, dann kann jeder für alle Zeit nachlesen was ich für einen Schmarrn von mir gegeben habe. Obiger Satz sollte die Sache ja nun endlich richtig stellen.

@Oliver: Ich möchte mich bei dir hiermit entschuldigen, du hattest Recht und ich nicht.
@all: Die im Eingangspost von mir beschriebene Fehlinformation tut mir leid. Danke an alle die mich beharrlich darauf aufmerksam gemacht haben.

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#18 Beitrag von Pirx » 2022-05-09 11:56:22

Hallo Walter!

Ich habe 2 Wochen lang vergeblich nach einem Schnittbild der Radlagerung in der HL4-Hinterachse gesucht. Damit hätte man die Einbausituation sicher am einfachsten deutlich machen können. Gestern habe ich einen Schnitt der HL5-Radnabe gefunden. Der prinzipielle Aufbau ist aber genauso wie bei der hier besprochenen HL4-Achse.

Etwas spät, aber vielleicht hilft es ja trotzdem noch beim Verständnis:

Radnabe_HL5_c.jpg

1 = Fettkammer
2 = Ablaufbohrung
3 = Wellendichtring
4 = Ölfangblech

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#19 Beitrag von Nelson » 2022-05-09 16:50:34

Dieselsurfer hat geschrieben:
2022-05-08 11:35:52
also bei meinen Trommelnaben (vorn und hinten) gehen die Bohrungen von außen hin den Bereich zwischen Simmering und dem Ölfangblech
Hallo,

bist Du vorne sicher? Es kann natürlich immer noch mehr Varianten geben, als man selber kennt, aber ich kenne sowohl Naben als auch Trommelnaben in diversen AL3-Achsen nur ohne Ablaufbohrungen. Statt dessen mit einem stehendem Auffangring auf der Bremseneite um den Achsstummel herum, der einen Ablauf nach innen-unten hat. Nicht so schick, wie ein rotierendes Auffangblech, das aktiv von der Bremse wegfördert, aber besser als nichts.

HL4 kenne ich -egal welche- nur so, wie hier beschrieben.


Grüße

Nils

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Re: Kurzhauber: Radnabe HA sifft, Radlager erneuern oder das Märchen vom Simmering

#20 Beitrag von Dieselsurfer » 2022-05-10 21:49:40

Stimmt, du hast Recht. Hatte ich schon ne Weile nicht mehr in der Hand, die vordere Trommelnabe. Hier ist ja aber die Gefahr, dass das Fett durch Öl ausgewaschen wird viel geringer. Das kommt dann eher zur Achskugel raus
"wer eine Regierung zu brauchen glaubt, sagte Stiggins, ist ohnehin eine unrettbar gescheiterte Lebensform "

Jasper Fforde "Thursday Next - Es ist etwas faul"

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