im Zuge der Ursachenforschung und Schadensanalyse wegen schlechten Kaltstartverhaltens und Rauchentwicklung beim OM 352 habe ich undichte Ventile festgestellt. Im Folgenden soll das Nachschleifen der Ventilsitze beschrieben werden.
Vorarbeiten:
- Zylinderkopf ausgebaut, und gereinigt
- Düsenstöcke ausgebaut
Ventile ausbauen:
Der Kopf muss so gelagert werden, dass die Ventile sich nicht öffnen können. Um ein Ventil auszubauen, muss der Ventilteller gegen den Druck der Ventilfeder nach unten gedrückt werden. Dann können die keilförmigen Ventilkegelhälften abgenommen werden. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht's dann so aus: Entweder du hast so ein geiles Sonderwerkzeug "Ventilheber" (Mercedes A 000 589 15 31 00), oder du bist so ein Sparfuchs und bastelst dir halt selber was:
Frage: "Würden sie lieber: A) viel Geld für ein Sonderwerkzeug von Mercedes ausgeben, oder B)..."
Antwort: "B!"
Ok, ich habe mich für A) entschieden. Alle Sparfüchse, die sich lieber für B) entscheiden: Viel Spaß beim Suchen der Ventilkegel in der wie bei Ich-bastel-mir-schnell-selber-was-Sparfüchsen meist top aufgeräumten Werkstatt. Die Dinger fliegen dann gerne mal recht weit, wenn du Glück hast an deinem Gesicht vorbei. Wenn nicht, ging's ins Auge?
Also weiter in der Praxis: Ventilheber -Eigenbau oder nicht- montieren und Ventilfeder ruckartig herunter drücken, damit sich die Ventilkegelhälften lösen. Das geht manchmal gar nicht so richtig gut, weil sich der Ventilteller mit den Ventilkegeln nicht vom Ventil trennen wollen.
Ventilkegel abnehmen, ein Magnet ist hilfreich Jetzt kann der Ventilheber wieder entspannt werden, die Ventilfeder kann mit Ventiltellern entnommen werden und das Ventil nach unten aus dem Zylinderkopf heraus genommen werden Die Ventile müssen später wieder an ihren ursprünglichen Platz. Jeder wohnt ja daheim, und so ein Ventil ist auch nur ein Mensch. Sortierhilfe könnte so aussehen Sind alle Ventile ausgebaut, wird der Kopf wieder auf den Kopf gelegt. Jetzt schauen wir uns mal die Ventile und Ventilsitze an.
Grundsätzliches zu Auslassventilen:
Die kleineren Auslassventile können verbrennen, dadurch wird sowohl das Ventil wie auch der Ventilsitz(ring) beschädigt.
Warum und wieso verbrennt das Ventil: Das ultra-extra-heiße Abgas der Verbrennung muss ja durch die Öffnung des Ventils Richtung Abgasanlage aus dem Brennraum raus. Klaro, dass das Ventil dabei recht viel Wärme abbekommt. Diese Wärme muss es wieder abgeben, sonst wird's ja immer heißer (stell dir ein Meerschweinchen vor, das immer nur frisst, aber keine Kötel scheißt. Genau: Bumm). Abgeben kann das Ventil die Wärme aber nicht an die eh viel zu heiße Luft der Abgase, sondern nur über den Ventilsitz. Das kann es nur solange es geschlossen ist und am Sitz anliegt. Jetzt wird's interessant, weil A) denk mal über Ventilspiel nach und was das damit zu haben könnte (Ventilspiel einstellen wird ja grundsätzlich gerne völlig überbewertet, gell) und B) was passiert, wenn das Ventil nicht mehr richtig schließt, z.B. weil verbrannt oder verkokt? Hmmm, wenn's nicht richtig schließt, schließt's nicht richtig? Richtig!

Ja, und wenn's nicht richtig schließt, kann's ja auch die Wärme nicht mehr richtig an den Ventilsitz abgeben. Dann wird's aber noch heißer -> verbrennt -> schließt noch schlechter -> verbrennt noch mehr -> ... -> Meerschweinchen BUMMM

Wieso dieses sieben gescheite Geschwalle jetzt? Erstens weil es eine Logik in die Sache bringt, Ursache und Wirkung sichtbar werden, und zweitens, weil jeder nun über "schärfere Nockenwellen" (=andere Schließzeiten der Ventile), "Pumpe aufdrehen" (unvollständige Verbrennung, führt z.B. zu Verkokung der Ventilsitze) und sonstige Tunigmaßnahmen die alle miteinander eine höhere Temperatur im Brennraum zur Folge haben nachdenken kann. Ich liebe Schachtelsätze, sie sind so verwirrend

Schau ma mal ein Auslassventil an:
Die schwarzen Flecken sind die Ursache für die Undichtigkeit am Ventil. Das soll durch Nachschleifen des Ventils mit Ventilschleifpaste behoben werden. Sollte das Ventil so stark verbrannt sein, dass es sich nicht mehr mit Ventilschleifpaste nachschleifen lässt, so kann des Ventil selbst nachgeschliffen werden. Das ist aber für den Heimschrauber eher schwierig und sollte vielleicht einem Motoreninstandsetzer überlassen werden. Das gezeigte Ventil soll zunächst nur mit Hilfe von Ventilschleifpaste wieder in Ordnung gebracht werden. Schau ma mal ob das gelingt....
Der dazu gehörige Ventilsitz: Auch hier sind deutliche "Löcher" im Ventilsitz erkennbar. Wie oben soll hier das Nacharbeiten mit Ventilschleifpaste den Ventilsitz wieder in Ordnung bringen. Sollte der Sitz stärker beschädigt sein, gibt es die Möglichkeit den Ventilsitz zu fräsen oder gleich ganz zu erneuern. Beides ist aber eher wieder ein Job für den Motoreninstandsetzer.
Grundsätzliches zu Einlassventilen:
Die größeren Einlassventile können nicht verbrennen, da ja kein extra-ultra-heißes Abgas an ihnen vorbei strömt. Dafür können Einlassventile verkoken bzw. Ölkohleablagerung aufweisen. Ursache kann verölte Ansaugluft, unvollständige Verbrennung, falsche Steuerzeiten, hängende/klemmende Einlassventile oder gerne auch mal eine Mischung aus allem sein.
Einlassventil es sind starke Ölkohleablagerungen erkennbar. Diese sind für die Undichtigkeit des Ventils verantwortlich. Auch hier soll wieder Nachschleifen mit Ventilschleifpaste Abhilfe schaffen. Natürlich muss auch hier der Schaft des Ventils beachtet werden, das gilt für alle Ventile.
Ventilsitz des Auslassventils Der Ventilsitz schaut so schlecht nicht aus. Klar, verbrennen kann er nicht.
Bevor es nun ans Ventile Schleifen geht sollte man noch die Ventilführung unter die Lupe nehmen Die Ventilführung darf nur eine sehr geringe Toleranz aufweisen (0,02 mm). Sollte hier etwas im Argen sein, müssen die Ventilführungen erneuert werden. Da kann man dann gleich welche verbauen, die für Ventilschaftdichtungen geeignet sind. In jedem Fall müssen neu Ventilschäfte noch aufgerieben werden -> Job für den Motoreninstandsetzer?
Beim beschriebenen Patienten waren die Ventilführungen alle in Ordnung

Ventile nachschleifen:
Ventilschleifpaste ist in der Regel als Vor- und Nachschleifpaste in einer Dose erhältlich. Ich verwende meist nur die feinere Nachschleifpaste. Sollte die Paste etwas älter und eingetrocknet sein, kein Problem: Mit etwas Öl wird die Paste wieder geschmeidig, ich verdünne die Paste grundsätzlich etwas. Man kann die Ventile von Hand Nachschleifen oder einen Ventilteufel für die Akkubohrmaschine verwenden. Ich mache das von Hand, muss jeder selber wissen wie er das beste Ergebnis erzielt.
Jetzt wird das Ventil am Saugnapf befestigt un am Rand mit Ventilschleifpaste bestrichen. Bevor das Ventil eingesetzt wird sollte der Ventilschaft unbedingt eingeölt werden. Sollte nämlich Schmutz oder Schleifpaste am Ventilschaft oder in der Ventilführung sein, kannste gleich neue Ventilführungen einplanen.

Jetzt das Ventil einführen und mit mäßigem Druck schnell hin- und herdrehen, anheben, um 90° versetzen wieder drehen. Dabei auf das Geräusch achten: Das wird recht bald "heller", dann ist die Schleifpaste aufgebraucht, Ventil und Sitz müssen von der aufgebrauchten Schleifpaste gereinigt werden und man fängt von vorne an. Es sollte am Ventil und am Ventilsitz ein gleichmäßig metallisch-mattes Bild entstehen. Möglichst ohne Löcher oder Flecken. Es können dabei konzentrische Ringe durch das Schleifen entstehen.
Das ist langwierig und erfordert viel Geduld. Immer wieder am besten mit einer Lupe kontrollieren.
Sieht dann etwas so aus: Am Schluss soll's matt aber blitzblank sein. Selbes gilt für das Ventil Eins ist schon mal klar: So mal eben an einem Nachmittag ist das nicht gemacht. Bin ich froh dass ich keinen Zwölfzylinder habe. Wenn's mal wieder länger dauert.
Deshalb, und weil schon wieder die maximale Anzahl der Bilder in einem Beitrag erreicht ist, splitte ich den Beitrag hier.
Schaumamal.. wie's weiter geht
Walter