Moin Ralf!
Eure Lage erinnert mich ein wenig an unsere Situation im September 2001. Wir waren gerade in Tunesien, als die Terroranschläge vom 11.9. passierten. "Praktischerweise" ereilte uns eine Woche zuvor ein kapitaler Motorschaden an unserem Laster und meine Freundin und ich hatten auf "Rucksacktouri" umgestellt und zockelten per Bus, Taxi/Louage und Bahn durchs Land, unsere Siebensachen in einer Zargeskiste und einem kleinen Daypack verstaut. Die Touristen-Infrastruktur an der Küste war komplett zum Stillstand gekommen, in einer riesigen Hotelanlage bei Jerba waren wir die einzigen Gäste. Wir stellten dann rasch auf landestypische Hotels in den Zentren um, in denen eigentlich nur Einheimische übernachten und die Portiers waren regelmäßig erstaunt, wenn wir nach einem Zimmer fragten ("Ihr? Hier? Bei uns? - Sehr gerne!").
Am Strand von Mahdia hatten wir dann die erste "schräge" Begegnung mit einem (angetrunkenen) jungen Mann, der uns stalkte und ständig "Os-a-ma-ha - Bin-La-din - Hahaha" rief und "Rübe-ab"-Gesten machte.
Wir verließen dann bald die Küste wieder und tingelten nach und nach wieder nach Douz und quartierten uns in dem kleinen Hotel am Marktplatz ein, bis wir mit unserem Laster mit einem von einem glücklichen (weil ab dann noch reicheren) Ben Brahim organisierten Rücktransport per Sattelschlepper ein Tag vor Fährabfahrt nach La Goulette gebracht wurden.
Unsere Erfahrung damals: halte Dich von den darniederliegenden "Zone Touristiques" fern. Die Leute dort sind nur "professionell freundlich" so lange es was an Touristen zu verdienen gibt. Sind die Touristen weg, ist auch die Freundlichkeit weg und man wird fast schon feindselig behandelt ("Ihr Westler seid schuld"). Im Landesinneren bzw. abseits der Pauschaltourismus-Industrie sind die Menschen aber auch in einer Krise menschlich. Wir hatten eine sehr gute Zeit in Douz, im Städtchen kannte man uns bald als "Mme. et M. Le camion cassé". Wir pendelten täglich zwischen Hotel und Internetcafé, Markt und Campingplatz. Und machten Tages- und längere Touren in die Umgebung (Übernachtung im Erdhöhlenhotel SidiDriss in Matmata z.B. mit Frühstück in echten Starwars-Kneipen-Kulissen, unser Filius platzt heute vor Neid, dass wir dort waren...).
Was ich auf alle Fälle empfehlen würde, ist sich in die
Elefand-Liste beim Auswärtigen Amt einzutragen, falls nicht schon geschehen, damit "man" weiss, dass ihr noch "da draußen" seid. Der direkte Link elefand.diplo.de ist momentan allerdings überlastet, wohl wegen der gerade anlaufenden Corona-Rückholaktionen von dt. Staatsbürgern.
Grüsse
Tom