Gehen ist eigentlich ein guter Begriff, denn viel langsamer wären wir zu Fuß auch nicht gewesen

Ich habe noch nie im Leben und in keinem zivilisierten Land der Welt hunderte von Kilometern tagelang in einer Blechlawine verbracht.
Mal 4spurig und dann --zack-- ein ehemaliger Eselskarrenweg aus dem Mittelalter, auf dem der Schwertransporter mit dem überbreiten Wochenendhaus den Gegenverkehr komplett in die Büsche schickte.
Irgendwo in einem Dorf oder einer Stadt mal zum Pinkeln anhalten oder gar, um sich ein nettes Örtchen anzuschauen, war Fehlanzeige, denn eine 8m Parklücke gab es nirgens. Umgehungsstraßen werden scheinbar nur in Hitch Hiker's Guide to the Galaxy gebaut, man staut also durch jeden Ort durch.
Der Traum vom Campingplatz oder gar Stellplatz fuß- oder fahrradläufig zum Meer blieb ein Traum, denn ohne Vorbuchung war alles für die kommenden 3 Wochen ausgebucht. Beim Anblick des Kurzhaubers sowieso. Keine Ahnung, wie oft ich mir den Alptraum einer Campingplatz Rezeption antun musste, in der dutzende von Ballerspielautomaten den englischen Primarschülern lautstark Urlaubsfreuden vergönnten.
"Sorry, no vacancies."
Jede B&B Bude verfügt über dieses kleine Schildchen, aber ein Campingplatz, den man nur über 5 km single track erreichen kann, kennt diesen Luxus am Beginn der Zuwegung nicht.
Die netten Farmcampingplätze waren wirklich nett, aber wenn man selbst auf dem Lande wohnt, dann hat man solche Pätze hinter dem eigenen Haus und kann sogar bei Bedarf das Grundstück als Fußgänger verlassen und muss nicht sein Leben auf einer engen aber übelst befahrenen Straße zwischen den 3m Hecken auf 1m Steinwällen riskieren.
Nach 6 Tagen und nur einem wässrigen Guinness haben wir die Nerven verloren und über das Autobahnnetz wieder auf den Kontinent rübergemacht. Hunderte von Parkplätzen in jedem französischen und belgischen Dorf gleich ab dem Fähranleger, da ging selbst um Mitternacht die Sonne auf!
Fazit: Wer gerne Campingplätze vorbucht und die panische Angst vor Zigeunern goutiert: Go for it!
Ein Dank an den Manager eines Golfplatzes in Weymouth, der uns netterweise zwischen 18 und 9 Uhr auf seinem innerstädtischen Parkplatz eingeschlossen hat, nachdem er uns als "Nicht Gypsy" identifiziert hat.
Ohne ihn hätten wir das Meer nie gesehen, so haben wir wenigsten einen Eindruck, wie ein englischer Strand zwischen Regenschauern aussieht.
Spaß gemacht hat tatsächlich das Fahren auf den engen Straßen, die auch von den klassischen Doppeldeckerbussen zwangsläufig benutzt werden. Es gab nie eine einzige böse Geste aus dem Gegenverkehr, den wir nicht unselten zum Zurücksetzen brachten.
Die Hecken waren alle schön geschnitten, der linke Außenspiegel hat wie beim Autoscooter der Stromabnehmer immer schön Kontakt gehalten. Dumm nur, wenn eine Blattlänge hinter der Schnittkante ein knorriger Ast aus dem Mittelalter seinen Schabernack treibt.
Jochen