Nachdem ich hier erst viele Fragen gestellt habe, um dann zum Basteln und Schrauben in ein dunkles Loch zu verschwinden, wollte ich jetzt auch mal mein Projekt vorstellen. Mit ein paar Fotos. Und erzählen, wie weit es gediehen ist.
Um erst mal damit anzufangen, was wir erreichen wollten, die Specs sozusagen: Es sollte ein Auto mit Vierradantrieb sein, das uns weitgehend unabhängig von den bezahlten Unterkünften macht, deren Preis-Leistungsverhältnis wir auf den Reisen mit Motorrad und Motorradgespann oft erschreckend fanden.
Das Bett sollte gross und bequem UND Insektengeschützt werden. Ansonsten eine Dusche an Bord, in der man nicht nur mit angehaltenem Atem und eingezogenen Rippen stehen kann. Dazu natürlich Warmwasserversorgung und eine leistungsfähige Heizung. Kochgelegenheit nur rudimentär (wir sind beide keine Leuchten am Herd, und gehen lieber essen). Da wir bei unserer Reiseform nahezu jeden Tag unterwegs sind und der Motor läuft, braucht es auch nur geringe zusätzliche Batteriekapazität und Wasservorräte. Das war es auch schon.
Beim Auto ist nach einigem Hin und Her die Wahl dann auf einen MAN G90 8.136 gefallen. 8.150 wäre natürlich noch besser gewesen, aber unserer kam mit sehr wenig Laufleistung und ganz ohne Rost. Aufgrund der etwas mageren Motoraustattung habe ich mich schnell entschlossen, immer aufs Gewicht zu achten. Und auch, weil es von mehreren Seiten hiess, dass die G90 empfindlich auf Überladung reagieren. Deshalb habe ich mir das Ziel gesetzt, unter 6 Tonnen reisefertiges Gewicht zu kommen. Da wir sowieso nicht solch phantastische Mengen an Sprit, Wasser und Batteriekapazität mitschleppen wollen wie manch Anderer, könnte das auch gelingen. Weniger Hüftgold am Auto beruhigt auch die Nerven bei der Überquerung von Brücken an Strassen der C-Kategorie, die wir mit unseren Gespannen bisher völlig bedenkenlos gequert haben.
Die Höhe sollte 3,6m nicht überschreiten. Auf unseren letzten Touren durch SA haben wir nämlich mal drauf geachtet, und festgestellt, dass nahezu alle Tunnel und Durchfahrten diese Mindesthöhe nicht unterschreiten.
So, von der Theorie zur Praxis, auf dass die Kopfschwangerschaft irgendwann auch mal Metall wird.
Ende März ging es los mit den ersten Massnahmen. Das Auto sah da noch so aus:


Der Astabweiser mit seiner Stütze war eine Konstruktion vom Vorbesitzer. Handwerklich super sauber gemacht, keine Frage. Nur: Durch die Abstützung auf der Pritsche und auf der vorderen Stossstange würde die gesamte Rahmenverwindung von Bug bis zum Heck immer in den Alubügel eingeleitet. Da kann man die Tage zählen bis zu den ersten Rissen und Komplettzerstörung. Zudem wäre die Abstützung der Wohnkabine im Wege. Deshalb erst mal mit Tränen in den Augen die Flex ansetzen und neu konstruieren…oder eher: probieren und basteln
Gleichzeitig, siehe oben, kommt das Abspecken. Da kam ich mir wirklich vor wie Steuermann Stubb auf der Pequod: Das Flensmesser ansetzen und runter mit der Schwarte! Natürlich musste als erstes die Seilwinde dran glauben. Hier fliegt sie:

Ladebordwände rechts und links sowie alle unnötigen Streben des Pritschenrahmens fielen ebenfalls unter der Flex.
Da kam dann natürlich die Überlegung auf, ob der Pritscherahmen nicht auch komplett verschwinden und einer wie auch immer gearteten Lagerung Platz machen sollen. Bin ich aber von abgekommen. Erstens hätte das beim besten willen nicht signifikant Gewicht und Bauhöhe gespart, und zwotens ist da noch der Aufwand an Zeit und Geld. Schliesslich will man nicht ewig am Laster basteln, sondern irgendwann auch mal losfahren…
Dann war da noch die Siebdruckplatte auf der Pritsche. Ich habe sie nach dem Gittermuster des Pritschenrahmens ausgeschnitten, um noch mehr Gewicht zu sparen. Man hätte sie auch ganz weglassen können, wollte ich aber aus zweierlei Gründen nicht
1. Bewirkt das Holz zwischen Pritschenrahmen und WoKa noch einen geringen Stoss- und Vibrationsschutz für die WoKa.
2. Zudem habe ich die Platten vorn und hinten noch jeweils auf der gesamten Pritschenbreite ausgespart, so dass ich dort die Hebegurte durchziehen kann, ohne die Woka vorher irgendwie anlupfen zu müssen.
Da ist das Lochbild:

Dann, als wichtige Umbaumassnahme, natürlich das Sechsganggetriebe. Da mein ehemaliger Rüstwagen mit den berüchtigt kurzen Achsübersetzungen kam, war das unabdingbar. Ich hatte Glück bei der Beschaffung des Materials und bei der Beschaffung des Umbauhelfers

Der Getriebeumbau ging mit meinem Helfer dermassen ratzfatz, dass ich mich mittlerweile für die Tage, die ich in den Umbau der Astabweiserabstützung gesteckt habe, geradezu schäme. Übrigens, so sieht er jetzt aus:


Aber ich habe eine Ausrede: Schweissen habe ich vor über dreissig Jahren, direkt nach der Realschule, in einem Grundlehrgang Metall-Elektro gelernt. Um es dann nie wieder zu praktizieren. So habe ich mich dann jetzt erst mal mit Elektro- und Autogenschweissgerät einige Stunden hinsetzen und üben müssen, bis die Teile nicht nur optisch sondern auch mechanisch verbunden waren.
Zwischendurch habe ich mich noch um die Federlagerung gekümmert. Mit den originalen Federn wäre da nur ein Hub von 20mm drin gewesen. Aber bei Gutekunst gab es passende Federn. Die, zusammen mit den Originalfedern und einer Führungshülse, ermöglichen nun einen Hub von 120mm und damit die volle Ausnutzung der Führungswange. Da seht Ihrs:

Irgendwann ist dann auch die Rohkabine fertiggeworden. Bei einem renommierten Hersteller im Allgäu (nein, die können nicht NUR Käse ). Leider hat der mir immer noch keine Bilder vom Aufladen der Kabine zugeschickt, sonst könntet Ihr die jetzt hier sehen.
Das Fahrzeug ist jetzt exakt 3,3m hoch, somit ist das Plansoll übererfüllt (oder heisst das in dem Fall UNTERerfüllt??). Das ist auch gut so, denn hier seht ihr es beim Einparken am gemieteten Stellplatz. Die Einfahrthöhe ist 3,37m.

Übrigens bin ich gleich mit der Rohkabine, vollem Tank und dem Gewicht von zwei Personen im Fahrerhaus mal auf der Waage gewesen: 5,06 Tonnen, davon 2,9 auf der Vorderachse und 2,1 auf der Hinterachse. Das sieht doch gar nicht so schlecht aus für die Gewichtsspec.
Nun bin ich dabei, den Auspuff umzubauen. Dadurch, dass er vor dem Hinterrad zur Seite herausgeführt wird, ist er dem dort geplanten grossen Staukasten im Weg. Jetzt wird er hinter dem Hinterrad zur Seite geführt. Hier mal ein paar Bilder, ich hoffe, man kann was erkennen:



Als nächstes werden die Staukästen entstehen. Übrigens aus dem Siebdruckplatten, dass ich aus der Pritschenauflage herausgeschnitten habe (22mm Siebdruckplatte, das sollte bei ordentlicher Eckverbindung einiges aushalten). Dann kommt endlich die Inneneinrichtung der WoKa dran. Zeit wird’s. Ich werde berichten.
Konstruktive Kritik ist natürlich jederzeit willkommen.
Gruss, Ulf