Rechtliche Lage Sicherheitsgurte

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choghart
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Rechtliche Lage Sicherheitsgurte

#1 Beitrag von choghart » 2010-02-20 17:34:17

Hallo,

ich wollte gestern meinen LKW als Wohnmobil umtypisieren lassen. Die Sache ist aus mehreren Gründen leider gescheitert . :mad: . Einer davon war folgender:

Mein LKW ist Bj. 12/97 und hat sechs eingetragene Sitzplätze in der Doka. Die hinteren vier Sitzplätze verfügen über Beckengurte. Laut eines Prüfers von der Zulassungsstelle müsste ich bei den hinteren Sitzen 3-Punktgurte nachrüsten die den jeweils gültigen Vorschriften entsprechen. Ich habe mich im Internet versucht schlau zu machen und bin da auf die verschiedensten Richtlinien gestoßen (zb. 76/115/EWG in der Fassung von 2005/41/EG und 77/541/EWG in der Fassung von 2005/40/EG). Darin habe ich aber nix gefunden, dass 3-Punktgurte hinten vorgeschrieben wären. Weiß jemand über die rechtliche Lage diesbezüglich bescheid? Nachdem wir alle in der EU sind müsste das mittlerweile doch überall gleich sein.

Gruß,
Jo.

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martinaustirol
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#2 Beitrag von martinaustirol » 2010-02-20 18:06:04

hoi,
cih denke, einige anforderungen sind sehr vom jeweiligen prüfer abhängig, die gurte sollte eigentlich allgemein gültig sein.

ich werde auch in wenigen wochen meinen 12m mit verlängerten führerhaus, großen reifen und wohnkoffer vorführen - da würde ich gerne so gut wie möglich vorbereitet sein, deswegen erlaube ich mir, nach den anderen gründen zu fragen.

lg martin aus tirol

magmog
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#3 Beitrag von magmog » 2010-02-20 21:01:42

guude,

bei uns in D gilt:

§ 35a StVZO(5)....... Bei Wohnmobilen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 2,5 t genügt für die hinteren Sitze die Ausrüstung mit Verankerungen zur Anbringung von Beckengurten und mit Beckengurten.........(und natürlich auch deren vorhandensein und anwendung)

die EU lässt den einzelländern einiges an auslegungen.

mit gruß! justus.

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choghart
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#4 Beitrag von choghart » 2010-02-21 0:27:10

Hallo,

für Österreich habe ich gleichfalls keine Vorschriften bzgl. 3-Punktgurten auf den Rücksitzbänken finden können :( . Mir schwant, dass sich die Prüfer da gemutmaßt- aber nichts definitiv gewusst haben.

@Martin
Hauptproblem bei meinem Typisierungsversuch war, dass ich meinen Innenausbau auf meine Pritsche gebaut habe. Der Innenausbau entspricht exakt den gesetzlichen Voraussetzungen gem. KFG1967. In der Zulassungsbehörde vertrat man aber die Auffassung, dass "das nicht aussehe wie ein Wohnmobil" und damit auch nicht zu typisieren sei. Ich prüfe gerade wie die Sache rechtlich doch noch auf Schiene zu bringen ist. Die Kommentare der Prüfer bei der Typisierung legten mir nahe, dass ich jene Person vor Ort war die am besten über die rechtliche Lage bescheid weis. Leider wurde eine Typisierung, trotz meiner rechtlichen Verweise, kategorisch abgelehnt.

Gruß,
Jo.

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Pirx
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#5 Beitrag von Pirx » 2010-02-22 14:06:31

Hallo Jo!

Nach meinen Informationen ist die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen mit Sicherheitsgurten in Österreich in folgenden Gesetzen geregelt:
- KDV §1c (letzter Stand vom 01.07.2007)
- KFG §4 (letzter Stand vom 01.01.2006)

KDV §1 verweist für die genaue Beschaffenheit der Sicherheitsgurte auf die Richtline 77/541/EWG oder gleichwertig ECE-REgelung R 16. Für die Verankerung der Sicherheitsgurte wird auf die Richtlinie 76/115/EWG verwiesen.

Für die Ausrüstung, also die Bestimmung, welche Fahrzeuge mit welchen Gurten ausgerüstet sein müssen, sind aber nach meinem Verständnis die beiden oben genannten österreichischen Regelungen zuständig.

KDV §1 besagt (in meinen Worten):
- wenn eine geeignete Befestigungsmöglichkeit für den oberen Umlenkpunkt des Gurtes machbar ist, müssen 3-Punkt-Gurte vorhanden sein, andernfalls Beckengurte. (Typischer Anwendungsfall ist die 3-Personen Rückbank eines PKW, bei der die Außenplätze 3-Punkt-Gurte erhalten, der mittlere Sitz aber nur einen Beckengurt).
- obiges gilt "nicht für Fahrzeuge, die bereits vor dem 20. Oktober 2006 genehmigt worden sind; diese müssen aber den bisherigen Vorschriften entsprechen. Solche Fahrzeuge dürfen nach dem 19. Oktober 2007 aber nicht mehr erstmals zum Verkehr zugelassen werden."

KFG §4 besagt (in meinen Worten):
- Kraftfahrzeuge müssen für jeden Sitzplatz mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sein.
Dies gilt jedoch nicht für:
1.) Feuerwehr- und Heeresfahrzeuge
2.) Sitze die nicht quer zur Fahrtrichtung angeordnet sind
3.) Notsitze
- obiges gilt "nicht für Fahrzeuge, die vor dem 1. Jänner 2006 beeits genehmigt worden sind. Solche Fahrzeuge müssen den bisherigen Vorschriften entsprechen. Solche Fahrzeuge dürfen nach dem 30. September 2006 nicht mehr erstmals zum Verkehr zugelassen werden."

Was bedeutet das nun für Dich?

- es könnte sein, daß sich die Prüfer irrigerweise auf die Vorschriften für Neufahrzeuge beziehen.
- es könnte sein, daß Deine Umbauten am Fahrzeug so tiefgreifend sind, daß eine komplette Neuabnahme erfolgt, und deshalb die Vorschriften für Neufahrzeuge zugrunde gelegt werden.
- es könnte sein, daß Dein LKW vorher ein Feuerwehr- oder Heeresfahrzeug war und deshalb nicht die eigentlich notwendigen 3-Punktgurte für die Außenplätze besitzt. (Für die Innenplätze auf der Rückbank reichen IMHO in jedem Fall Beckengurte).
- es könnte sein, daß die mir unbekannten "bisherigen Vorschriften" von 1997 (Baujahr Deines LKW) bereits den Einbau von 3-Punkt-Gurten fordern.

Diese Fragen kannst nur Du beantworten, evtl. auch im nochmaligen Gespräch mit den Prüfern oder mit anderen Fachleuten.

Viel Erfolg!

Pirx
Der mit der Zweigangachse: 15 Vorwärtsgänge, 3 Rückwärtsgänge, Split, Schnellgang, Differentialsperre
---
"Immer bedenken: Hilfe ist keine Einbahnstrasse, Geholfen-Werden ist kein Recht und es liegt an jedem selbst, inwieweit er sich hier in der Gemeinschaft (die im Extremfall so einiges gemeinsam schafft) involviert und einbringt."
Ein Unimog-Fahrer.

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#6 Beitrag von choghart » 2010-02-23 2:40:49

Danke Pirx für deine umfangreiche Zusammenfassung des österreichischen Rechtsstatus! Meine ebenfalls umfangreiche Recherche hat zum gleichen Ergebnis geführt, wobei ich die folgenden Zeilen:

(4) Als Bauart des Fahrzeuges entsprechende Sicherheitsgurte im Sinne des § 4 Abs. 5 KFG 1967 gelten
1. bei Sitzen mit ihnen zugeordneten geeigneten oberen Verankerungen für Schultergurte Beckengurte in Verbindung mit Schultergurten (Dreipunktgurte) oder diesen in ihrer Schutzwirkung für den Benutzer im Hinblick auf die Bauart des Fahrzeuges gleichartige Gurte,
2. bei nicht unter Z 1 fallenden Sitzen Beckengurte.

wie folgt interpretiere:
Mein LKW verfügt über keine geeigneten oberen Verankerungspunkte damit ist Z1 schon mal schwer möglich. Beckengurte sind auch derzeit noch in der ersten Sitzreihe (zb. in der Mitte) m.E. noch immer zulässig, solange man mit dem Kopf nicht in den Aufschlagbereich von gefährlichen Dingen kommt. Deshalb gibt es auch noch den Z2.

Ein netter Kollege (Danke Joe!) hat heute eine Person bei einer Behörde zur Gurtfrage interviewt. Selbiger hat angegeben, dass seit 01.01.09 in allen Fahrzeugen für alle Sitzplätze 3-Punktgurte vorgeschrieben sind. Ist das tatsächlich so? Wer hat ein neues Fahrzeug?

Gruß,
Jo.

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#7 Beitrag von steyr » 2010-02-23 9:33:33

Also in unserem neuen MAN TGM DOKA sind in der zweiten Reihe alle vier Sitze mit Dreipunktgurt. Das war uns auch wichtig, da es keinen Kindersitz mehr gibt, den man mit Beckengurt befestigen kann und darf.

Gruß
Stefan
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#8 Beitrag von steph » 2010-02-23 9:58:56

Ich denke es geht bei Gurten ja um Sicherheit und Menschenleben und nicht nur um Bestimmungen. Die Euros füs Nachrüsten sollten drin sein. Und dann kann man mit gutem Gewissen alle Plätze belegen........

Gruß
Stephan
Immer dasselbe.....
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#9 Beitrag von colli1979 » 2010-02-23 11:22:49

Hat der MAN TGA eigentlich IsoFix punkte hinten?
Ich weiß wohl, das der nicht dafür ausgelegt Kindersitze mitzunehmen aber fragen kann man ja mal...

HAt sich unter den Familienvätern hier mal jemand Gedanken dazu gemacht, wie man IsoFix Punkte im Lkw nachrüstet / nachrüsten könnte? Im Pkw sind die Bügel ja auch nicht sonderlich überdimensionert.
Grüße Jan

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#10 Beitrag von Wilmaaa » 2010-02-23 11:45:34

Ich hab einen Virus: den H-A-N-O-M-A-G-I-R-U-S
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#11 Beitrag von colli1979 » 2010-02-23 11:49:27

UPS...... :eek:


ich gelobe Besserung was die S.... Funktion angeht

Du bist aber auch schnell
Grüße Jan

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choghart
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#12 Beitrag von choghart » 2010-02-27 0:00:13

steph hat geschrieben:Ich denke es geht bei Gurten ja um Sicherheit und Menschenleben und nicht nur um Bestimmungen. Die Euros füs Nachrüsten sollten drin sein. Und dann kann man mit gutem Gewissen alle Plätze belegen........

Gruß
Stephan
Hallo,

mir gehts bei der Gurtdiskussion nicht primär um die paar Kröten für ein paar neue Gurte. Auch die Beauftragung einer qualifizierten Werkstätte wäre noch drinnen. Etwas kritischer sehe ich schon Forderungen nach gutachterlicher Bestätigung gesetzeskonformer Ausführung mit evtl. erforderlichen Versuchen mit Prüflasten :mad:: Endgültig die Kette wirft es mir aus wenn ich Stellungnahmen höre wie "...die Nachrüstung von geeigneten Gurten ist sowieso nicht genehmigungsfähig, weil es dafür keine Herstellerfreigabe gibt...blabla" :wack:. Da frage ich mich schon ob wir nicht alle schön langsam vollkommen verblöden vor lauter Bürokratie.

Gruß,
Jo.

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