OM 352: Schlechtes Kaltstartverhalten, Rauchentwicklung: Ursachenforschung, Schadensanalyse
Verfasst: 2020-03-21 19:24:02
Hallo Forum,
viele kennen das: Der Kurzhauber (1017er, Mog...) tut zwar leidlich gut und zufriedenstellend seinen Dienst, springt auch brav an, mal abgesehen von einer etwas störenden Weißrauchentwicklung während der ersten Minuten, aber bei Temperaturen unter 10° ändert sich das zunehmend Richtung "ich mag jetzt gleich anspringen, Moment noch" und "heute bin ich Nebelwerfer, schau wie gut ich das kann!"
Ebenso viele Threads, Meinungen wie gut gemeinte Ratschläge zu diesem Thema gibt es ja schon. Ich nehme den oben beschriebenen Zustand als Aufmacher für eine Analyse, mögliche Ursachen und deren Behebungen. Auf die diversen Spekulationen zur Rauchentwicklung des kalten OM 352 (unverbrannter Diesel, fehlende Ventilschaftdichtungen etc.) gehe ich nur am Rande ein, es wurde schon alles gesagt (nur noch nicht von jedem).
Der Patient im Beispiel: Leistung unauffällig, Ölverbrauch < 1 Ltr./1.000 Km, Temperaturen Kühlmittel unauffällig. Anspringverhalten gut, bei kalten Temperaturen mit Motorvorwärmung auch völlig ok. Einzig die Luftleitung vom "Pilz" (Ölabscheider der Kurbelgehäuseentlüftung) war verölt, und das schon seit langer Zeit. Ebenso die Luftleitung ab dem Turbo.
Doch dann fiel die Motorvorwärmung aus und die Maschine musste bei ca. -12° anspringen. Hauahauahe würde Werner gesagt haben. Anspringen geht ja anders, und dann der Lauf, wie ein Sack voller Nüsse. Ganz schlimm. Und Rauch, Rauch, Rauch.
Dem musste auf den Grund gegangen werden, weil so kann's nicht bleiben!
Ursachenforschung:
Also erst einmal Kompressionsdruck messen. Die Zylinderkopfhaube muss ab, Einspritzleitungen & Rücklaufleitung abschrauben und die Düsenstöcke ziehen. Ist alles in den Walöterschen Werkstattarbeiten beschrieben.
Das Ergebnis war ebenso ernüchternd wie erschütternd:
Zylinder 1: 20 bar
Zylinder 2: 21 bar
Zylinder 3: 18 bar
Zylinder 4: 15 bar
Zylinder 5: 20 bar
Zylinder 6: 22 bar
Dass die Möhre überhaupt noch gelaufen ist, grenzt an ein Wunder. Dreckskarre, verfluchte!
Naja, andererseits auch wieder nicht, ist halt ein Mercedes, also läuft der auch so noch. Liebes geliebtes Autolein
Nun gut, so is es eben. Aber wiesowiesowieso, und warum?
Wie es aussieht muss jetzt der Kopf runter, oder? (alle schreien natürlich ja, Applaus)
Kann man jetzt schon machen, operative Hektik als Ersatz für die anscheinend ob des Schocks gerade eingetretene geistige Windstille. Oder man wartet auf die Brise der Erkenntnis und Besonnenheit. Dann lässt man den Kopf noch einen Moment dran, oder besser drauf. Weil:
Urssachenforschung schlechte Kompression
Die unzureichende Kompression kann verschiedene Ursachen haben. Deshalb ist es wichtig, diese zunächst einzugrenzen, um das weitere Vorgehen zu bestimmen. Grundsätzlich kommen zwei mögliche Problemstellen in Frage:
Das kann recht einfach ermittelt werden, so lange der Zylinderkopf noch drauf ist. Dazu wird die Kompressionsdruckprüfung wiederholt, man stellt den zu messenden Zylinder auf OT und spritzt vor der Messung etwas dünn flüssiges Öl vor der Montage des Adapters für die Kompressionmessung in den Brennraum, dann führt man die Messung erneut durch. Ist der Wert nun signifikant besser, so ist die Ursachen "unten" zu suchen. Mehr dazu später. Ist die Kompression immer noch nicht befriedigend (min. 21 bar oder mehr), so ist der Wurm "oben" drin.
Im beschriebenen Fall waren die Ergebnisse der Messung mit Öl nicht wirklich befriedigend. Also eher oben rum der Wurm drin. Da kommen in Frage: Zylinderkopfdichtung, Ventile, Zylinderkopf, Block. Auch hier lässt sich wieder vor der weiteren Demontage eingrenzen:
Nächste Ursachenforschung
Druckverlustprüfung
Wenn der Druck nach oben entweicht, muss der Druck ja logischer Weise irgendwo raus. Weitere Erleuchtung erlangt man mit einer Druckverlustprüfung. Nun wird kaum jemand ein Druckverlustprüfgerät in der Garage liegen haben, aber man kann sich auch mit einfachen Mitteln behelfen. Dazu dreht man den zu messenden Zylinder wieder auf OT, beide Ventile müssen geschlossen sein (Zünd-OT, die beiden Ventile sind geschlossen). Jetzt nicht vergessen, den Motor zu blockieren. Jetzt beaufschlagt man den Zylinder mit ca. 3 bar, in dem man den Prüfadapter an den Heimkompressor anschließt. Mit Hilfe eines Schlauchstückes horcht man nun:
Dito beim Auslasskanal
Rauscht's im Bereich der Ölwanne/Zylinderkurbelgehäuse ist unten rum auch was nicht in Ordnung, denn dann pfeifft's an den Kolbenringen vorbei.
Grundsätzlich ist kein Motor absolut dicht, das heißt ein leichtes Rauschen z.B. im Kurbelgehäuse ist völlig normal.
Im beschriebenen Fall waren deutlich Geräusche fast aller Zylinder im Bereich der Einlasskanäle zu hören. Das ist ungewöhnlich, da normalerweiese eher die Auslassventile verbrennen und dadurch nicht mehr richtig schließen.
Wie dem auch sein, Ursachenforschung ist soweit abgeschlossen, denn der Zylinderkopf muss in jedem Fall runter.
Abbau Zylinderkopf
Viele der folgenden Arbeiten sind bereits hier beschrieben und bebildert.
Der Abbau des Zylinderkopfes gestaltet sich deutlich leichter, wenn man Maske und Kühler abbaut.
Kühlwasser ablassen Maske abbauen, dazu je zwei Schrauben SW 13 links und rechts seitlich der Maske raus schrauben, Ratschenschlüssel ersetzt das sechs-fach-gewinkelte Handgelenk (der vierjährigen Tochter des Nachbarn) Je zwei Schrauben SW 13 links und rechts hinter der Maske raus schrauben Maske abnehmen und weg stellen (nicht so weit weg, der Bowdenzug ist ja noch dran...) Kühler ausbauen:
Zwei Muttern SW 17 unten abschrauben Muttern der Zugstangen ober abschrauben, SW 17 Kühlerschlauch oben und unten lösen Masseband abschrauben SW 10 Jetzt kann der Kühler bequem raus gehoben werden.
Da die Wasserpumpe im beschriebenen Fall erneuert werden soll, ebenso die Gummis der LiMa Halterung, kommt in dem Fall auch die Wasserpumpe als Ganzes weg. Dazu muss der Lüfter noch weg. Der Tausch der Wasserpumpe wird aber in einem eigenen Thread beschrieben.
Lüfterrad weg SW 13 Wasserpumpe weg Seitliche Kühlwasserleitung weg
Kipphebelböcke abschrauben SW 17
Kipphebelwelle abnehmen
Stösselstangen heraus nehmen
Zylinderkopfschrauben ausschrauben
Zylinderkopf abnehmen Nun kann man mal gucken, wie es mit dem ersten Bösewicht so aussieht: Die Zylinderkopfdichtung Bei unserem Patienten sieht die Dichtung ganz gut aus, das war eher nicht Ursache der schlechten Kompression.
Werfen wir noch einen Blick auf den Block: Sieht auch ganz gut aus, Risse waren keine zu finden. Mit einem Haarlineal kann man bei der Gelegenheit gleich noch die Ebenheit des Blockes messen, war unter 0,03 mm auf 50 cm und damit unkritisch.
Also noch ein Blick in die Töpfe:
Hauahauahe hätte der Werner jetzt gesagt, da ist aber noch was anderes im Argen! Die Brennstege sehen jetzt nicht ganz so aus wie sie sollten. Nun gut, schau ma des mal später genauer an, für den Moment ist mir eh schon schlecht genug
Wie schon rum-spekuliert und voll professionell heraus ermittelt sind ja sowieso die Einlassventile schon mal die Übeltäter. Also zuerst auf die losgehen. Zylinderkopf auf die Werkbank legen, schön sauber machen und dann guck ma mal. Da wird wohl mehr im Argen sein fürchte ich.
Im einer weiteren Arbeitsbeschreibung geht's dann um die Revision des Zylinderkopfes mit den Arbeitsschritten. Damit die Walöterschen Werkstattarbeiten übersichtlich und sortierbar bleiben, mache ich dazu eine eigen Beschreibung, Link folgt in Kürze
Also mal gucken wie's weiter geht (es war einmal: Der Mensch)
Walter
viele kennen das: Der Kurzhauber (1017er, Mog...) tut zwar leidlich gut und zufriedenstellend seinen Dienst, springt auch brav an, mal abgesehen von einer etwas störenden Weißrauchentwicklung während der ersten Minuten, aber bei Temperaturen unter 10° ändert sich das zunehmend Richtung "ich mag jetzt gleich anspringen, Moment noch" und "heute bin ich Nebelwerfer, schau wie gut ich das kann!"
Ebenso viele Threads, Meinungen wie gut gemeinte Ratschläge zu diesem Thema gibt es ja schon. Ich nehme den oben beschriebenen Zustand als Aufmacher für eine Analyse, mögliche Ursachen und deren Behebungen. Auf die diversen Spekulationen zur Rauchentwicklung des kalten OM 352 (unverbrannter Diesel, fehlende Ventilschaftdichtungen etc.) gehe ich nur am Rande ein, es wurde schon alles gesagt (nur noch nicht von jedem).
Der Patient im Beispiel: Leistung unauffällig, Ölverbrauch < 1 Ltr./1.000 Km, Temperaturen Kühlmittel unauffällig. Anspringverhalten gut, bei kalten Temperaturen mit Motorvorwärmung auch völlig ok. Einzig die Luftleitung vom "Pilz" (Ölabscheider der Kurbelgehäuseentlüftung) war verölt, und das schon seit langer Zeit. Ebenso die Luftleitung ab dem Turbo.
Doch dann fiel die Motorvorwärmung aus und die Maschine musste bei ca. -12° anspringen. Hauahauahe würde Werner gesagt haben. Anspringen geht ja anders, und dann der Lauf, wie ein Sack voller Nüsse. Ganz schlimm. Und Rauch, Rauch, Rauch.
Dem musste auf den Grund gegangen werden, weil so kann's nicht bleiben!
Ursachenforschung:
- Einspritzdüsen
- ESP, Kraftstoff
- Kompression
Also erst einmal Kompressionsdruck messen. Die Zylinderkopfhaube muss ab, Einspritzleitungen & Rücklaufleitung abschrauben und die Düsenstöcke ziehen. Ist alles in den Walöterschen Werkstattarbeiten beschrieben.
Das Ergebnis war ebenso ernüchternd wie erschütternd:
Zylinder 1: 20 bar
Zylinder 2: 21 bar
Zylinder 3: 18 bar
Zylinder 4: 15 bar
Zylinder 5: 20 bar
Zylinder 6: 22 bar
Dass die Möhre überhaupt noch gelaufen ist, grenzt an ein Wunder. Dreckskarre, verfluchte!

Naja, andererseits auch wieder nicht, ist halt ein Mercedes, also läuft der auch so noch. Liebes geliebtes Autolein

Nun gut, so is es eben. Aber wiesowiesowieso, und warum?
Wie es aussieht muss jetzt der Kopf runter, oder? (alle schreien natürlich ja, Applaus)
Kann man jetzt schon machen, operative Hektik als Ersatz für die anscheinend ob des Schocks gerade eingetretene geistige Windstille. Oder man wartet auf die Brise der Erkenntnis und Besonnenheit. Dann lässt man den Kopf noch einen Moment dran, oder besser drauf. Weil:
Urssachenforschung schlechte Kompression
Die unzureichende Kompression kann verschiedene Ursachen haben. Deshalb ist es wichtig, diese zunächst einzugrenzen, um das weitere Vorgehen zu bestimmen. Grundsätzlich kommen zwei mögliche Problemstellen in Frage:
- Unten fehlt's
- Oben ist der Wurm drin
Das kann recht einfach ermittelt werden, so lange der Zylinderkopf noch drauf ist. Dazu wird die Kompressionsdruckprüfung wiederholt, man stellt den zu messenden Zylinder auf OT und spritzt vor der Messung etwas dünn flüssiges Öl vor der Montage des Adapters für die Kompressionmessung in den Brennraum, dann führt man die Messung erneut durch. Ist der Wert nun signifikant besser, so ist die Ursachen "unten" zu suchen. Mehr dazu später. Ist die Kompression immer noch nicht befriedigend (min. 21 bar oder mehr), so ist der Wurm "oben" drin.
Im beschriebenen Fall waren die Ergebnisse der Messung mit Öl nicht wirklich befriedigend. Also eher oben rum der Wurm drin. Da kommen in Frage: Zylinderkopfdichtung, Ventile, Zylinderkopf, Block. Auch hier lässt sich wieder vor der weiteren Demontage eingrenzen:
Nächste Ursachenforschung
Druckverlustprüfung
Wenn der Druck nach oben entweicht, muss der Druck ja logischer Weise irgendwo raus. Weitere Erleuchtung erlangt man mit einer Druckverlustprüfung. Nun wird kaum jemand ein Druckverlustprüfgerät in der Garage liegen haben, aber man kann sich auch mit einfachen Mitteln behelfen. Dazu dreht man den zu messenden Zylinder wieder auf OT, beide Ventile müssen geschlossen sein (Zünd-OT, die beiden Ventile sind geschlossen). Jetzt nicht vergessen, den Motor zu blockieren. Jetzt beaufschlagt man den Zylinder mit ca. 3 bar, in dem man den Prüfadapter an den Heimkompressor anschließt. Mit Hilfe eines Schlauchstückes horcht man nun:
- Einlasskanal
- Auslasskanal (dazu muss aber der Sammler abgeschraubt sein)
- Kurbelwellenentlüftung
Dito beim Auslasskanal
Rauscht's im Bereich der Ölwanne/Zylinderkurbelgehäuse ist unten rum auch was nicht in Ordnung, denn dann pfeifft's an den Kolbenringen vorbei.
Grundsätzlich ist kein Motor absolut dicht, das heißt ein leichtes Rauschen z.B. im Kurbelgehäuse ist völlig normal.
Im beschriebenen Fall waren deutlich Geräusche fast aller Zylinder im Bereich der Einlasskanäle zu hören. Das ist ungewöhnlich, da normalerweiese eher die Auslassventile verbrennen und dadurch nicht mehr richtig schließen.
Wie dem auch sein, Ursachenforschung ist soweit abgeschlossen, denn der Zylinderkopf muss in jedem Fall runter.
Abbau Zylinderkopf
Viele der folgenden Arbeiten sind bereits hier beschrieben und bebildert.
Der Abbau des Zylinderkopfes gestaltet sich deutlich leichter, wenn man Maske und Kühler abbaut.
Kühlwasser ablassen Maske abbauen, dazu je zwei Schrauben SW 13 links und rechts seitlich der Maske raus schrauben, Ratschenschlüssel ersetzt das sechs-fach-gewinkelte Handgelenk (der vierjährigen Tochter des Nachbarn) Je zwei Schrauben SW 13 links und rechts hinter der Maske raus schrauben Maske abnehmen und weg stellen (nicht so weit weg, der Bowdenzug ist ja noch dran...) Kühler ausbauen:
Zwei Muttern SW 17 unten abschrauben Muttern der Zugstangen ober abschrauben, SW 17 Kühlerschlauch oben und unten lösen Masseband abschrauben SW 10 Jetzt kann der Kühler bequem raus gehoben werden.
Da die Wasserpumpe im beschriebenen Fall erneuert werden soll, ebenso die Gummis der LiMa Halterung, kommt in dem Fall auch die Wasserpumpe als Ganzes weg. Dazu muss der Lüfter noch weg. Der Tausch der Wasserpumpe wird aber in einem eigenen Thread beschrieben.
Lüfterrad weg SW 13 Wasserpumpe weg Seitliche Kühlwasserleitung weg
Kipphebelböcke abschrauben SW 17
Kipphebelwelle abnehmen
Stösselstangen heraus nehmen
Zylinderkopfschrauben ausschrauben
Zylinderkopf abnehmen Nun kann man mal gucken, wie es mit dem ersten Bösewicht so aussieht: Die Zylinderkopfdichtung Bei unserem Patienten sieht die Dichtung ganz gut aus, das war eher nicht Ursache der schlechten Kompression.
Werfen wir noch einen Blick auf den Block: Sieht auch ganz gut aus, Risse waren keine zu finden. Mit einem Haarlineal kann man bei der Gelegenheit gleich noch die Ebenheit des Blockes messen, war unter 0,03 mm auf 50 cm und damit unkritisch.
Also noch ein Blick in die Töpfe:


Wie schon rum-spekuliert und voll professionell heraus ermittelt sind ja sowieso die Einlassventile schon mal die Übeltäter. Also zuerst auf die losgehen. Zylinderkopf auf die Werkbank legen, schön sauber machen und dann guck ma mal. Da wird wohl mehr im Argen sein fürchte ich.
Im einer weiteren Arbeitsbeschreibung geht's dann um die Revision des Zylinderkopfes mit den Arbeitsschritten. Damit die Walöterschen Werkstattarbeiten übersichtlich und sortierbar bleiben, mache ich dazu eine eigen Beschreibung, Link folgt in Kürze
- Zylinderkopf prüfen
- Ventilsitze nachschleifen und prüfen
- Schutzhülsen erneuern
- Schadensbild und -analyse Brennstege und alle erforderlichen Maßnahmen
Also mal gucken wie's weiter geht (es war einmal: Der Mensch)
Walter