Moin Gerd,
noch einmal etwas ausführlicher: Die Temperatur des Pöls beinflusst nur in gewissen Maßen dessen Viskosität. Über eine Vorheitzung auf 70-80°C bringt man die Viskosität des Pöls der des Diesels näher (Eigentlich bräuchte es höhere Temperaturen, geht aber aus mehreren Gründne nicht), sodass mit etwas Glück und "groben" Einspritzdüsen erreicht wird, dass diese das Pöl ähnlich oder genau so gut zerstäuben wie den Diesel. Damit erreicht man:
- Eine brauchbare Verbrennung. (Eine zu schlechte Zerstäubung würde einen zu großen Anteil vom Pöl als nutzlosen Ruß aus dem Auspuff blasen)
- Man verhindert den Supergau, dass das Zeug überhaupt nicht zerstäubt wird, und als dicker Tropfen in den Brennraum fällt. Diese Tropfen können nicht schnell genug verbrennen, und bleiben als heiß glühende "Klumpen" zurrück, welche einem den Kolben oder Ventile zerstören.
- Die Eingespritzte Kraftstoffmenge hängt von dem Druck vor der Düse ab. Ist die Suppe zu dickflüssig, erhöht sich dieser Druck (Wasser drückt sich besser durch ein Tuch, als Butter) und damit auch die in den Zylinder eingespritze Sprittmenge.
So kann es passieren, dass der Motor mit kaltem Pöl mehr Leistung hat. Das liegt abe rnicht an einer besseren Verbrennung, sondern daran, dass zu viel Pöl eingespritzt wird. Je nach art des Motors (Gerade welche ohne Kolbenbodenkühlung sind anfällig) kann es so zu massiven Schäden durch Überhitzung kommen, bis hin zu Kolben fresser.
Dafür die Vorwärmung. Das funktioniert aber definitiv nur, wenn der Motor und damit die Einspritzdüse auf Betriebstemperatur ist. Zwar ist das Vorgewärmte Pöl in der Einspritzleitung warm und dünnflüssig, die Bohrung in der Einspritzdüse ist jedoch hauchdünn. So eine Düse selbst ist jedoch im Vergleich ganz schön massiv.
Das ist dann in etwa so, als wenn du einen 1l Wasserkocher voll heißem Wasser über einen 1t schweren, kalten Stahlklotz gießt. Hinterher fließt das Wasser genau so kalt vom Klotz, als wenn du es vorher nicht gekocht hättest und zusätzlich wird der Klotz in annehmbarer Zeit nicht ein halbes Grad wärmer. Sprich:
Das warme Pöl, was bei kalter Maschine durch die ESD gepresst wird, kommt hinten immer noch kalt heraus. Mit allen entsprechenden Problemen. Vor allem ganz zu Anfang, wo es am ehesten kritisch ist.
Das war die Geschichte nur aus Sicht der Einspritzung. Aus sicht des Brennraums wird es noch viel Schlimmer:
Der Diesel wird in komprimierte und dadurch sehr Heiße Luft eingespritzt, wobei er sich dann ob der Lufttemperatur schlagartig entzündet. Ich meine im normalen Betrieb leigt diese Temperatur beim Direkteispritzer zwischen 400°C und 600°C. Öffnet sich das Auslassventil, so stoppt die Verbrennung schlagartig, weil sich über die Dekompression die Luft schlagartig zu sehr abkühlt.
Pöl zündet generell viel schlechter als Diesel, durch Zugabe schon von geringen Mengen von Diesel lässt sich dieses jedoch verbessern. (Eine Vermischung von Diesel im Pöl bei 2-Tank-Anlagen ist durchaus Wünschenswert) Bei den oben genannten Temperaturen fällt das schlechtere Zündverhalten von Pöl nicht mehr auf, der Zündzeitpunkt ist nur minimal nach hinten verschoben, es kommt trotzdem zu einer vollständigen Verbrennung und der Schaden am Wirkungsgrad ist kaum zu merken. Wer dauerhaft mit Pöl fahren möchte sollte dennoch den Zündzeitpunkt auf den neuen Kraftstoff anpassen. Ergo:
Bei Betriebstemperatur funktioniert es.
Was aber passiert beim Starten:
Ein Eiskalter Motor mit Eiskalter Luft wird vom Anlasser angekurbelt, die Luft wird vom Anlasser verdichtet und erwärmt. Dabei erreicht diese gerade so die Zündtemperatur von Diesel. Bei Motoren mit einer geringen Verdichtung (Wirbelkammer) funktioniert das überhaupt nicht, der Spritt muss extra auf eine Glühende Kerze gesprüht werden, um zu Zünden. Beim Direkteinspritzer ist die Verdichtung höher und es funktioniert auch ohne Glühkerze.
Die ersten Zwei Hübe zündet noch überhaupt nix, der Diesel wird in den Zylinder gerotzt, bleibt dort kleben und wird Teilweise ins Motoröl gespühlt. Dann kommt der Moment, wo die Suppe gerade so zündet, der Motor beginnt gerde so aus eigener Kraft zu laufen. Schaut man aber auf den Auspuff, so sieht man gewaltige Weiße Qualmwolken: Der Diesel beginnt zwar zu Zünden, jedoch tut er das viel zu Spät. Das Auslassventil öffnet sich daher zu früh und die Verbrennung bricht schlagartig ab, weil sie "erfriert". Dieser weiße Qualm ist schlicht zerstäubter, aber nicht ansatzweise verbrannter Spritt. Der Motor hat zu dem Zeitpunkt auch nur ein Bruchteil seiner Leistung. Der Wirkungsgrad ist so mies, dass wenn man kurz nach dem Starten den Fuss vom Gas nimmt ohne das Standgas passend ein zu stellen die Kiste schlicht aus geht.
In dieser Phase kommt aber nur ein teil von dem Spritt als Nebel als dem Auspuff. Ein Teil davon (Je nach Brennverfahren) klebt an den Zylinderwänden und wird mit ins Motoröl gespühlt. Dieser Effekt des ins Motoröl gespülten Diesels kann so massiv sein, dass gebrauchte Motoren bei reinem Kurzstreckenbetrieb und entsprechend vielen Kaltstarts einen steigen Pegel in der Ölwanne haben, und trotz Ölerbrauch keinen fallenden.
Das die paar mikro/milligramm Diesel, die eingespritzt werden 40°C wärme sind, hat auf die zum Zünden notwenige Temperatur im Brennraum in etwa den Einfluss, wie auf die Temperatur eine kompletten Schwimmbades, wenn man da hineinpinkelt. (Bitte aus Rücksicht auf andere Schwimmer nicht im Experiment überprüfen.

)
Ist der Motor auf Betriebstemperatur wird der Diesel übrigens immer noch vor den Kolben und die Zülinderwände gespritzt. Diese sind dann jedoch so heiß, das die Suppe dort schlagartig verdampft/Verbrennt. Ist als wenn man Wasser in eine heiße Pfanne gießt. Beim Vorkammerdiesel sifft der Spritt in erster Linie in der Vorkammer herum, daher ist hier auch ein Pölbetrieb generell nicht so kritisch, die Vorkammer enthält keine Beweglichen Teile. Der Direkteinspritzter ist aber gerade so toll, weil er den Kolben und den Zylinder verwendet, um den Spritt da vor zu spritzen. Und damit ist die fatale Kleberrei gefährlich nah an Ventilen, Kolben und Kolbenringen. Zudem Lebt der Direkteinspritzer von einer feineren Zerstäubung und damit engeren Düsen. Hier ist eine tödliche Tropfenbildung bei kaltem, oder durch kalte Düsen abgekühltem Pöl wahrscheinlicher.
Unsere alten Maschinen wurden alle auf Stadfetigkeit und Zuverlässigkeit konstruiert. Daraus ergeben sich große Spaltmaße zwischen Kolben und Zylinder. Zudem eher "Undichte" Kolbenringe. Ölverbraucht und Blowby waren nicht so wichtig, wie zuverlässige Schmierung und immunität gegen Temperaturschwankungen. Zudem waren damals viele Werkstoffe und Konstruktionsverfahren noch nicht verfügbar, die "dichtere" Brennräume ermöglichen. Daraus resultieren auch die lächerlich kurzen Wechselintervalle des Motoröls und der Umstand, dass bei vielen Kaltstarts (= Nahverkehr, Baustelleneinsatz) das Intervall mal eben verkürzt wird: Das Öl wird derart mit Diesel und Ruß verschmutzt, dass es lange vor seinem Verschließ ausgetauscht werden muss.
Heute sorgt die Elektronische Einspritzung dafür, dass es beim kaltstart kaum noch zu Zündverzug kommt und dichtere Brennräume und verschließfestere Materialien für geringeren Ölverbrauch und umgekehrt auch für weniger Siff im Motoröl. Und schon sind Wechselintervalle von 80.000km möglich (Zusammen mit Ölen, die diesen Standzeiten gewachsen sind).
Was ist eigentlich so schlimm am Pöl im Möl? Nu denn, es verträgt sich im gegensatz zum Diesel nicht mit dem Möl bzw. dessen Additiven. E skommt zu Verklumpungen, welche die den Filter und entsprechend den Motor verstopfen. Ist da erstmal etwas dicht, ist der Motorschaden garantiert.
Zusammengefasst:
Ein Kaltstart mit Pöl hat auch bei vorgeheitztem Pöl folgende fatale Folgen:
- Massiver Eintrag ins Motoröl (Durch das schlechte Zündverhalten von Pöl noch verschlimmert) was zu Motorschäden oder gerade im Kurzstreckenbetrieb zu um ein Vielfaches verkürten Ölwechselintervallen führt. Das ist sowohl fiananziell wie auch ökologisch absoluter Unsinn, es sei denn du fütterst den Motor alle 2000km mit "neuem" Altöl aus der Nachbarwerkstatt. Bei Turbomotoren verschärft sich das Schmierungsproblem noch einmal, da gerade der Lader da sehr anfällig ist.
- Gerade beim Starten die Gefahr der Bildung großer Tropfen, welche dir Kolben, Ventil oder Kolbenringe killen könen und zu schwersten Motorschäden führen. Generell eine sehr schlechte Zerstäubung und Verbrennung. Der positive Effeckt durch die Vorwärmung aus sicht der Einspritzung stellt sich zu spät ein. Hierbei stärkere Ruß- und H2 Emmisionen können auf Dauer auch früher zu Problemen mit Ventilen und Kolbenringen führen.
Damit erwischt du weiterhin voll die Grundsätzlichen Probleme von Pölbetrieb. Lediglich der erhöhte Einspritzdruck/Fördermenge ist beim Kaltstart unerheblich, da ein kalter Motor nun einmal per Definition nicht überhitzt ist.
Starte unbedingt das Auto auf reinem Diesel und fahre ihn damit bis auf Betriebstemperatur (Dauert beim Wassergekühlten natürlich viel länger, als beim Luftkühler, dafür bekommt man die Vorwärmung auf passender Temperatur geschenkt), wenn du noch viel von dem Wagen haben möchtest. Jeder Kaltstart mit Pöl ist ein fieser Tritt in die Rippen für deine Maschine, das überlebt sie nicht sehr lange.
MlG,
Felix