Vorläufige Bilanz unserer Weltreise
Verfasst: 2012-06-04 5:34:08
Hallo,
ich möchte unsere Erfahrungen gerne weitergeben und mit Euch diskutieren.
Fahrzeug: Mercedes G mit Sanka-Koffer.
Route:
Teil1: Sibirien bis Jakutsk und Chabarowsk, Mongolei, China, Laos. In Thailand Fahrzeugverschiffung nach Südamerika. Reisedauer: ca. 5 Monate.
Teil 2: Chile, Argentinien Feuerland. Fahrzeug in Buenos Aires abgestellt. Reisedauer: 5 Monate.
Teil 3: Nordargentinien, Nordchile, Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien, Mittelamerika. Fahrzeug steht bis zur Reisefortsetzung kommenden Februar auf einem Campingplatz nahe Tijuana. Dauer: 7 Monate. Danach ist Nordamerika geplant.
Erfahrungen:
So eine Reise ist in weiten Teilen alles andere als eine Urlaubsfahrt. Besonders in China und dem dritten Reiseabschnitt wurde ich an die Grenzen meiner physischen und psychischen Belastbarkeit gebracht. Ich bin heilfroh, diese Fahrt nicht, wie zunächst geplant, mit dem 170er gemacht zu haben. Gründe waren vor allem die Fahrzeugprobleme und die Grenzübertritte mit dem Hund. Wer näheres hierzu erfahren will, kann auf dem Reiseblog der Selbstfahrer (www.selbstfahrer.de) nachlesen. (vielleicht kann das ja mal jemand verlinken, ich bin zu doof dafür.)
Vergesst alles, was über den Auf- und Ausbau von LKWs in diesem Forum geschrieben steht. Für unsere Reise ist es ohne Belang. Ein LKW wäre denkbar ungeeignet weil:
- zu massig, zu schwer und unhandlich. Er erfordert eine viel höhere Konzentration und Ausdauer sowie Kraftanstrengung im Fahrbetrieb.
- in den Hochlagen der Anden und engen Wegabschnitten schlechter geeignet.
- problematische Grenzabfertigung mit teilw. sehr langen Wartezeiten in der LKW-Spur
- Fahrverbote in den meisten Städten
(sorry, ist meine Ansicht. Natürlich habt Ihr ganz andere Erfahrungen gemacht.)
- Dreipunktlagerung, hochgelgte Luftansaugung, große Reifen etc. etc. sind irrelevant.
- doppelt so hohe Kosten im Reisebetrieb.
Ein Pickup mit kleiner Wohnkabine erscheint mir daher das ideale Fahrzeug. Allrad ist nicht unbedingt notwendig. Ein stabiler Kastenwagen in gutem Zustand mit einfachem, auf die Bedürfnisse der Reisenden zugeschnittenem Aufbau, dazu Sandbleche, Wagenheber, Bergegurt, wenn man will noch Schneeketten und Greifzug erscheinen völlig ausreichend.
Vergesst, was diesbezüglich im Allradler zu lesen ist.
Vergesst, was in Bad Kissingen von unwissenden Herstellern und Händlern noch ahnungsloseren Kunden aufgeschwatzt wird. In meinen Augen sind 90% unbrauchbar oder unnütz.
Etwa 25% der Strecke legten wir auf guten, 50% auf schlechten Straßen , 25% auf Pisten zurück. (Davon vielleicht 10% im Gelände, vor allem bei der Stellplatzsuche) Damit erledigt sich das Thema Allrad. (Will man natürlich von Ost nach West durch die Sahara, zur Schneeschmelze durch sibirischen Matsch oder ins Pantanal während der Regenzeit, stellt sich die Situation anders dar).
Wir benötigten unterwegs keine Heizung, auch nicht in den Hochlagen der Anden. Viel wichtiger war, die Hitze aus dem Auto zu bekommen. Schlafen bei 35°C ist kein Vergnügen. Das besserte sich erst, als wir Fliegengaze vor die Eingangstür machten und diese nachts aufließen.
Gas war stets problemlos zu bekommen.
Gefahren:
a) Der Straßenverkehr.
In China und dem nördlichen Südamerika und Mittelamerika existieren de facto keine Verkehrsregeln. Es gilt das Recht des Stärkeren. Kaum jemand besitzt ausreichenden Versicherungsschutz. Besonders problematisch war die Fahrweise der Bus- und LKWs. Auch mit zwei Anhängern fuhr man bei 10%igen Gefällstrecken locker mit 120km/h. Es gab Strecken, an denen in Kurven sämtliche Leitplanken durchbrochen waren. Ab und an sah man im Tal dann auch den LKW-Schrott.
Die Aussicht auf einen Verkehrsunfall ist extrem hoch. Wenn man dabei nur sein Auto einbüßt, selbst unverletzt davon kommt, kann man von Glück sagen. Eine solche Reise sollte nur unternehmen, wer dies verkraften kann.
b) Entführung, Raub und Mord
Uns passierte unterwegs nichts. Vereinzelt störte eine Polizeikontrolle; in einem einzigen Fall, an Fastnacht, schlug ein Betrunkener nachts gegen das Auto. Dennoch: Im nachhinein erscheint mir das Bereisen von Kolumbien bis Mexiko bei ständigem wilden Campen unverantwortlich. Nach Informationen der Einheimischen wie nach Bekanntmachungen des AA unter Reise- und Sicherheitshinweisen(die mir absolut nicht übertrieben scheinen) gilt für alle Staaten äußerste Vorsicht. Alle Hauptverbindungsstraßen waren (allerdings unterschiedlich intensiv von Land zu Land) mit schwerbewaffneten Polizei- und Militäreinheiten bewacht. Wir sahen (in Kolumbien) Kampfpanzer und LKW mit Maschinenkanonen. Guatemala hat die weltweit höchste Mordrate. Hier kommen mit aufgepflanzten MGs Verbrecher in Pick Ups, die nicht lange zögern würden, wie man uns versicherte- (In diesem Zusammenhang: Wenn Ihr die Tage den Panamerikana-Beitrag verfolgt habt auf Phönix erinnert Ihr Euch, dass das Team unter Polzeieskorte fuhr, Nikaragua überflog und Kolumbien in 8 Stunden durchfuhr)Uns begegnete von Norden kommend kein einziges Reisefahrzeug.
Ein Grund, warum wir nicht belästigt wurden sehe ich darin, das wir immer weit von der Hauptstraße, auch im kolumbianischen Rebellengebiet, campten. Wir blieben jeweils nur für eine Nacht, suchten sehr sorgfältig unsere Stellplätze.
Das wichtigste auf unserer Reise
waren unsere Sprachkenntnisse (Spanisch und Russisch). Ohne Spanisch geht in Südamerika nichts. Kaum jemand, selbst Ärzte nur gebrochen, sprach einigermaßen verständlich Englisch. Alles, aber wirklich alles mussten wir auf Spanisch verhackstücken. Aber auch der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung war so um vieles reicher. Es machte Spaß, z. B. mit einem Lamazüchter an der Grenze zu Bolivien sich zu unterhalten, nicht nur, weil er uns die dringend nötigen Coca-Blätter verkaufen sollte.
Gruß Gerd
ich möchte unsere Erfahrungen gerne weitergeben und mit Euch diskutieren.
Fahrzeug: Mercedes G mit Sanka-Koffer.
Route:
Teil1: Sibirien bis Jakutsk und Chabarowsk, Mongolei, China, Laos. In Thailand Fahrzeugverschiffung nach Südamerika. Reisedauer: ca. 5 Monate.
Teil 2: Chile, Argentinien Feuerland. Fahrzeug in Buenos Aires abgestellt. Reisedauer: 5 Monate.
Teil 3: Nordargentinien, Nordchile, Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien, Mittelamerika. Fahrzeug steht bis zur Reisefortsetzung kommenden Februar auf einem Campingplatz nahe Tijuana. Dauer: 7 Monate. Danach ist Nordamerika geplant.
Erfahrungen:
So eine Reise ist in weiten Teilen alles andere als eine Urlaubsfahrt. Besonders in China und dem dritten Reiseabschnitt wurde ich an die Grenzen meiner physischen und psychischen Belastbarkeit gebracht. Ich bin heilfroh, diese Fahrt nicht, wie zunächst geplant, mit dem 170er gemacht zu haben. Gründe waren vor allem die Fahrzeugprobleme und die Grenzübertritte mit dem Hund. Wer näheres hierzu erfahren will, kann auf dem Reiseblog der Selbstfahrer (www.selbstfahrer.de) nachlesen. (vielleicht kann das ja mal jemand verlinken, ich bin zu doof dafür.)
Vergesst alles, was über den Auf- und Ausbau von LKWs in diesem Forum geschrieben steht. Für unsere Reise ist es ohne Belang. Ein LKW wäre denkbar ungeeignet weil:
- zu massig, zu schwer und unhandlich. Er erfordert eine viel höhere Konzentration und Ausdauer sowie Kraftanstrengung im Fahrbetrieb.
- in den Hochlagen der Anden und engen Wegabschnitten schlechter geeignet.
- problematische Grenzabfertigung mit teilw. sehr langen Wartezeiten in der LKW-Spur
- Fahrverbote in den meisten Städten
(sorry, ist meine Ansicht. Natürlich habt Ihr ganz andere Erfahrungen gemacht.)
- Dreipunktlagerung, hochgelgte Luftansaugung, große Reifen etc. etc. sind irrelevant.
- doppelt so hohe Kosten im Reisebetrieb.
Ein Pickup mit kleiner Wohnkabine erscheint mir daher das ideale Fahrzeug. Allrad ist nicht unbedingt notwendig. Ein stabiler Kastenwagen in gutem Zustand mit einfachem, auf die Bedürfnisse der Reisenden zugeschnittenem Aufbau, dazu Sandbleche, Wagenheber, Bergegurt, wenn man will noch Schneeketten und Greifzug erscheinen völlig ausreichend.
Vergesst, was diesbezüglich im Allradler zu lesen ist.
Vergesst, was in Bad Kissingen von unwissenden Herstellern und Händlern noch ahnungsloseren Kunden aufgeschwatzt wird. In meinen Augen sind 90% unbrauchbar oder unnütz.
Etwa 25% der Strecke legten wir auf guten, 50% auf schlechten Straßen , 25% auf Pisten zurück. (Davon vielleicht 10% im Gelände, vor allem bei der Stellplatzsuche) Damit erledigt sich das Thema Allrad. (Will man natürlich von Ost nach West durch die Sahara, zur Schneeschmelze durch sibirischen Matsch oder ins Pantanal während der Regenzeit, stellt sich die Situation anders dar).
Wir benötigten unterwegs keine Heizung, auch nicht in den Hochlagen der Anden. Viel wichtiger war, die Hitze aus dem Auto zu bekommen. Schlafen bei 35°C ist kein Vergnügen. Das besserte sich erst, als wir Fliegengaze vor die Eingangstür machten und diese nachts aufließen.
Gas war stets problemlos zu bekommen.
Gefahren:
a) Der Straßenverkehr.
In China und dem nördlichen Südamerika und Mittelamerika existieren de facto keine Verkehrsregeln. Es gilt das Recht des Stärkeren. Kaum jemand besitzt ausreichenden Versicherungsschutz. Besonders problematisch war die Fahrweise der Bus- und LKWs. Auch mit zwei Anhängern fuhr man bei 10%igen Gefällstrecken locker mit 120km/h. Es gab Strecken, an denen in Kurven sämtliche Leitplanken durchbrochen waren. Ab und an sah man im Tal dann auch den LKW-Schrott.
Die Aussicht auf einen Verkehrsunfall ist extrem hoch. Wenn man dabei nur sein Auto einbüßt, selbst unverletzt davon kommt, kann man von Glück sagen. Eine solche Reise sollte nur unternehmen, wer dies verkraften kann.
b) Entführung, Raub und Mord
Uns passierte unterwegs nichts. Vereinzelt störte eine Polizeikontrolle; in einem einzigen Fall, an Fastnacht, schlug ein Betrunkener nachts gegen das Auto. Dennoch: Im nachhinein erscheint mir das Bereisen von Kolumbien bis Mexiko bei ständigem wilden Campen unverantwortlich. Nach Informationen der Einheimischen wie nach Bekanntmachungen des AA unter Reise- und Sicherheitshinweisen(die mir absolut nicht übertrieben scheinen) gilt für alle Staaten äußerste Vorsicht. Alle Hauptverbindungsstraßen waren (allerdings unterschiedlich intensiv von Land zu Land) mit schwerbewaffneten Polizei- und Militäreinheiten bewacht. Wir sahen (in Kolumbien) Kampfpanzer und LKW mit Maschinenkanonen. Guatemala hat die weltweit höchste Mordrate. Hier kommen mit aufgepflanzten MGs Verbrecher in Pick Ups, die nicht lange zögern würden, wie man uns versicherte- (In diesem Zusammenhang: Wenn Ihr die Tage den Panamerikana-Beitrag verfolgt habt auf Phönix erinnert Ihr Euch, dass das Team unter Polzeieskorte fuhr, Nikaragua überflog und Kolumbien in 8 Stunden durchfuhr)Uns begegnete von Norden kommend kein einziges Reisefahrzeug.
Ein Grund, warum wir nicht belästigt wurden sehe ich darin, das wir immer weit von der Hauptstraße, auch im kolumbianischen Rebellengebiet, campten. Wir blieben jeweils nur für eine Nacht, suchten sehr sorgfältig unsere Stellplätze.
Das wichtigste auf unserer Reise
waren unsere Sprachkenntnisse (Spanisch und Russisch). Ohne Spanisch geht in Südamerika nichts. Kaum jemand, selbst Ärzte nur gebrochen, sprach einigermaßen verständlich Englisch. Alles, aber wirklich alles mussten wir auf Spanisch verhackstücken. Aber auch der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung war so um vieles reicher. Es machte Spaß, z. B. mit einem Lamazüchter an der Grenze zu Bolivien sich zu unterhalten, nicht nur, weil er uns die dringend nötigen Coca-Blätter verkaufen sollte.
Gruß Gerd