Freitagfrüh ging es los über den Brenner bis Tortona, wo wir eine Freundin meines Sohnes besuchten (ja, auch mit 3 1/2 kann man schon eine italienische Freundin haben) ... Nach Fahrzeugführungen für das halbe Dorf incl. Bürgermeister und einem wunderbaren Abendessen schliefen wir alle in unserem Deutz und mussten feststellen, dass das keine enge Notlösung ist, sondern eher gemütlich .... das Dachzelt hätten wir also zuhause lassen können ...
Am Samstag früh ging es Richtung Fähre. Wie es sich für eine 43 jährige Jungfer gehört zickte die alte Dame sobald die Autobahn 2-spurig und eng wurde ... irgendwann war der Motor aus ... gottseidank ging es bergab und wir rollten in eine Parkbucht ... Schnapsglas und v.a. der Heizungsbauvorfilter des hinteren Tanks waren dicht, wie schon öfters die Tage zuvor ... nach 5 Minuten ging es weiter .... man bekommt etwas Übung ;-)))
Am Abend ging es auf die bestenfalls halbvolle Fähre. Wir bezogen unsere Kabine und ich lief mit den Kindern mehrere Kilometer über das Schiff. Nachdem wir alle Rettungsboote und auch die meisten Mitreisenden beim Vornamen kannten und der schöne Genueser Leuchtturm am Horizont verschwunden war, schliefen wie Wichte sofort tief und fest ... wir gingen den ersten Couscous essen.
Ausschiffen und Zoll waren schnell hinter uns gebracht (2 kleine blonde Kinder sind hier eine richtige Hilfe), und wir fuhren nach Nabeuil auf den Camping Les Jasmins. Tags drauf wanderten wir zum Strand und in die Stadt ... Einkaufen, Geld holen und akklimatisieren ... da am Abend Regenwolken aufzogen entschlossen wir uns gleich nach Süden zu fahren ...
Nach einem erneuten Filterputz vergaß ich die Gummihaubenhalter wieder ordentlich festzumachen, was zur Folge hatte, dass auf der Höhe von Kairouan bei einer Bodenwelle, 105 km/h und kräftigem Seitenwind die Haube aufflog ... gottseidank war die Seitenscheibe offen und das Auto unter Sicht schnell zum Stillstand gebracht ... passiert mir nicht wieder .... einziger Schaden: die 2 als Blaulichtersatz festgeklebten Plastik-Blumentöpfe sind hin ...

Wir nächtigten 15 km vor Gabes am Strand. Bei der Suche nach einem guten Stellplatz fuhr ich mich dann auch prompt im nassen, grobkörnigen Sand fest ... aber es wäre ja kein echter Afrikaurlaub, wenn man die Sandbleche unbenutzt wieder nach Hause bringt ...

Tags darauf wanderten wir lange am Strand, sahen den Fischern zu und versuchten uns mit einem berberischen Hirten, der seine Schafe gen Gabes trieb zu unterhalten. Hier wären Arabisch-Kenntnisse von Vorteil gewesen, da meine Frau mit ihrem vorzüglichen und sonst extrem hilfreichen Französisch nicht weiterkam.
Nachdem es recht stark windete beschlossen wir abends nach Gabes-Stadt umzuziehen. Der dortige Campingplatz ist mitten in der Stadt unter Palmen und liegt genau zwischen 3 Moscheen. Johann war von den Muezzins sehr begeistert und begeisterte fortan alle mit seinen ersten Arabischkenntnissen: "Allah huakbar". Gabes mit seinem Souk Jara begeisterte uns sehr. Es ist ein vormittagfüllendes Programm mit den Kindern über den Markt zu schlendern, etwas Gemüse zu kaufen, dem Scherenschleifer zuzusehen, die Gewürze zu riechen .... so hielten wir es dort 3 Tage aus ....

Über Matmata fuhren wir weiter nach Douz ... diese Oase wurde fast zu unserem Lieblingsort ... wir sahen bei der Dattelernte zu (die klettern barfuß und "free solo" die Palmen hoch, die ich als UIAA 5-6 einschätzen würde), Papa ging zum Barbier, Kamelreiten in der Zone Touristique, wir besuchten die Feuerwehr (die natürlich auch Deutz fährt) und fuhren 3 Tage später los in Richtung Ksar Ghilane ...

Entgegen des Rats von etwas überausgerüsteten Landyfahrern fuhren wir nicht Pipelinepiste sondern die Direttissima ... Johann sammelte erste Erfahrungen mit dem Mercur (dank Servo können den auch 3 Jährige lenken;-))), wir sahen eine Gazelle, die allerdings erstaunlich schnell das Weite suchte (irgendwer schießt immer noch auf die), eine monströse Kamelherde (>100 Tiere) und suchten uns in der nähe des Parc Jebil einen schönen Übernachtungsplatz in den Dünen ... Johann zog mit seinem Poporutscher los und rutschte die Leeseiten der Dünen runter, nachdem er festgestellt hatte, dass sein Fahrrad im Sand nicht zu gebrauchen sei .... Abends saß er am Lagerfeuer und musste in den Deutz getragen werden ...
Am nächsten Morgen fuhren wir nach Ksar Ghilane und badeten schön in der warmen Quelle. Die Nacht dort war aufgrund der Kakophonie der Aggregate (ein 8-Zylinder, ein 6 Zylinder und diverse chinesische Einzylinder der Kioske an der Quelle) die einzige, in der die Kinder nicht gut geschlafen hatten, sodass wir am nächsten Morgen zurück über den Dünengürtel zum alten Fort flüchteten und dort den Tag und die Nacht in den Dünen verbrachten ...
Vormittags brachen wir auf Richtung Tatouine ... die Kürzeste Strecke nach dem Navi ... in der Retrospective war das keine so gute Entscheidung, da die Piste auf meinem Navi seit mindestens einem Jahr nicht befahren war ... fiese Sandverwehungen/Dünen und je mehr man in die Daharberge kam auch Auswaschungen und Pistenabbrüche ... schließlich zahlreiche Umfahrungen und Steilhänge ... es sah etwas nach Regen aus, was den Thrill zusätzlich erhöhte ... davon abgesehen war es eine grandiose Landschaft, wir beobachteten einen Fenek und wir kamen schließlich nach Guermessa ... die direkte Abfahrt von Guermessa antique Richtung Neustadt nahmen wir "dant", denn gegen das zuvor gefahrene war es eher eine Autobahn ...
Wir verbrachten eine Nacht auf dem Hof des Hotel La Gazelle, wo sich bis 10:00 wohlhabende Tunesier die Kante gaben und schlenderten tags darauf durch den Ort ... in der Patisserie du Sud probierten wir uns durch die Theke, "munitionierten auf" und fuhren gen Djerba ... der Deutz blieb auf dem Weg dorthin 2 mal mit Luft im Spritsystem stehen, sodass ich am Nachmittag in Aghir auf Djerba der Sache auf den Grund ging ... mit etwas Nachdenken wurde mein Konstruktionsfehler klar: die Schneidringverschraubungen der Kupferrohre, mit denen ich die Tanks mit dem Umschalthahn und dem Motor verbunden hatte wurden bei Verwindung locker und zogen Luft ... das war die Erklärung schon für das erste Stehenbleiben in den windigen Kurven hinunter nach Genua ... mit Spritschlauch und Schlauchschellen aus der Bastelkiste war das Problem schnell und dauerhaft behoben ...
Wir verbrachten 4 schöne Tage auf Djerba: Baden, am Strand entlang wandern, Doraden grillen, sonnen ... auf dem Campingplatz in Aghir waren wir die ganze Zeit allein ... schließlich mussten wir uns langsam wieder auf den Weg gen Norden machen ... Johann wollte unbedingt nochmal zu den Muezzins nach Gabes ... dort war High-life, da am 27.November das "Aid el Kebir" ins Haus stand ... da schlachtet jede Familie einen Hammel und futtert über Tage im Kreise der Familie ... die Parrallelen zu unserem Weihnachtsfest sind nicht zu übersehen, nur dass Tunesische Familienväter statt einem Weihnachtsbaum einen störrischen Widder heimbringen müssen, der dann zuhause kritisch beäugt wird ... die Stadt war in Aufruhr, die Messerschleifer kamen mit der Arbeit nicht nach und alles staute sich ...
Tags drauf fuhren wir weiter zurück nach Nabeuil, wo man das gleiche Bild fand ... an jeder 2. Kreuzung ein Schafmarkt, mit dem Tier überforderte Familienväter, die das Tier mit Strick, Grasbüschel und Tritten verzweifelt versuchten nach Hause zu bringen ...
Wir stürzten uns ins Getümmel und Nicolle kaufte größere Mengen Keramik ... inzwischen im Handeln sehr erfahren und zäh trieb sie manchen Töpfer in die Weißglut ....
Am Freitag morgen machten wir uns auf gen La Goulette ... die Strassen waren verlassen, über allen Orten hing eine Rauchglocke der gerade geschürten Grillfeuer und die Schafe wurden gerade geschächtet ...
Entsprechend ging es im Hafen erstmal nicht weiter ... erst am Nachmittag kam das Schiff völlig überladen aus Marseille an ... Es fanden sich gottseidank nette Mitreisende, da war die Zeit schnell verratscht ...
Wir nahmen Abschied von Tunesien und waren nach einem kurzen Zwischenstop bei Johanns Greta in Tortona am späten Samstag Abend zuhause ... es hatte Gottseidank nicht geregnet, sodass der kaputte Scheibenwischermotor aus bleiben konnte ...
Fazit:
Ein toller Urlaub, der Dank der Kinder und den Französischkenntnissen von Nicolle sehr Leute-lastig war ... die Kinder wurden ständig von wildfremden Leuten abgeknutscht und waren stets eine Möglichkeit schnell ins Gespräch zu kommen ... die nehme ich alle wieder mit ;-)))
Der Deutz hat sich 100%ig bewährt. Die chinesischen 12.00er Strassenreifen sind im Sand wunderbar und laufen auf den Zilfelgen rund ...
Nicht gebraucht haben wir:
- das Dachzelt
- die Standheizung
- die Schneeketten (sind aber leider in Ö Pflicht)
- den Medizinkoffer (geht man mit dem Regenschirm aus dem Haus ... scheint die Sonne)
- Claras Hippgläschen ... sie isst mit ihren 12 Monaten lieber Coucous mit Harissa und Merguez
Grüsse ... Simon